Nach Beratungen im Justizministerium Leutheusser-Schnarrenberger gegen separates Beschneidungsgesetz

BERLIN · Der Bundestag will die Beschneidung von Jungen aus religiösen Gründen neu regeln. Aber wie? Die Justizministerin hält jedenfalls ein gesondertes Gesetz für nicht zielführend.

 Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP).

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP).

Foto: ap

Ein gesondertes Gesetz zur religiösen Beschneidung kleiner Jungen soll es nach dem Willen von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) nicht geben. Dies sei das Ergebnis von Beratungen im Justizministerium, berichtet der "Spiegel". Uneins seien sich die Experten noch darüber, ob die Beschneidung aus religiösen Gründen besser im Strafrecht oder im Familienrecht geregelt werden kann.

Die Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, Christiane Woopen, wandte sich gegen zu viel Eile bei der geplanten gesetzlichen Neuregelung. Sie halte Schnelligkeit in diesem Fall für verfehlt, sagte Woopen dem "Focus". Zunächst sei es wichtig, dass sich alle Beteiligten gemeinsam verständigten.

Dies schließe "natürlich die verschiedenen Glaubensgemeinschaften in Deutschland ein". Das unabhängige Expertengremium will sich am 23. August in öffentlicher Sitzung mit dem Thema befassen.

Das Landgericht Köln hatte Ende Juni Beschneidungen von Jungen aus religiösen Gründen für rechtswidrig und strafbar erklärt. Juden und Muslime hatten dies scharf kritisiert. Der Bundestag macht sich für ein rasche Neuregelung mit dem Ziel stark, medizinisch fachgerechte Beschneidungen aus religiösen Gründen grundsätzlich zu erlauben.

Die FDP will bei der Entscheidung im Parlament den Fraktionszwang aufheben. "Bei einer solch grundsätzlichen Frage kann man niemanden zu einem bestimmten Abstimmungsverhalten zwingen", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Liberalen, Jörg van Essen, dem "Spiegel".

Auch Politiker anderer Fraktionen sprachen sich dafür aus, das die Abgeordneten bei dem heiklen Thema allein ihrem Gewissen folgen. "Ein Fraktionszwang ist in dieser Frage nicht angemessen", sagte SPD-Ethikexperte René Röspel der WAZ-Gruppe. "Alle Fraktionen sollten die Abstimmung freigeben", meinte die stellvertretende Parteichefin der Linken, Caren Lay.

In Baden-Württemberg bleibt die religiöse Beschneidung von Jungen nach Auskunft der dortigen Generalstaatsanwaltschaften vorerst straffrei, wenn sie medizinisch korrekt ausgeführt wird.

"Wir werden bei derartigen Beschneidungen auch weiterhin in Württemberg nicht ermitteln und warten die bereits angekündigte gesetzliche Regelung ab", sagte der Stuttgarter Generalstaatsanwalt Klaus Pflieger der Zeitung "Sonntag Aktuell". Auch die für Baden zuständige Karlsruher Generalstaatsanwaltschaft verfolgt diese Linie.

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