Lindner soll FDP wiederbeleben

Berlin · Zweieinhalb Monate nach dem Scheitern bei der Bundestagswahl will die FDP ihre Führung nahezu komplett austauschen. Beim Sonderparteitag an diesem Wochenende in Berlin kandidiert der nordrhein-westfälische Landes- und Fraktionschef Christian Lindner für den Parteivorsitz.

 Der designierte FDP-Bundesvorsitzende Christian Lindner soll die Liberalen politisch wiederbeleben. Foto: Carmen Jaspersen

Der designierte FDP-Bundesvorsitzende Christian Lindner soll die Liberalen politisch wiederbeleben. Foto: Carmen Jaspersen

Foto: DPA

Noch-Wirtschaftsminister Philipp Rösler, der sich am Samstag von den mehr als 600 Delegierten verabschiedet, tritt nicht mehr an. Um die drei Stellvertreterposten und drei weitere Plätze in der FDP-Spitze werden Kampfabstimmungen erwartet. Die Liberalen hatten bei der Wahl mit 4,8 Prozent erstmals in der Nachkriegsgeschichte den Einzug in den Bundestag verpasst. Sie sind noch in 9 von 16 Landesparlamenten vertreten.

Der 34-jährige Lindner gilt als aussichtsreichster Kandidat für den Chefposten. Es gibt einige, wenig bekannte Mitbewerber. Lindner war Ende 2011 aus Frust über Röslers mangelnde Führung und Strategie als Generalsekretär der Bundespartei zurückgetreten, holte ein halbes Jahr später für die NRW-Liberalen bei der Landtagswahl aber starke 8,6 Prozent.

Als Lindners Stellvertreter sind bisher mehrere Bewerber im Gespräch: der Kieler Fraktionschef Wolfgang Kubicki, die Landeschefs Volker Wissing (Rheinland-Pfalz) und Uwe Barth (Thüringen) sowie die Düsseldorfer Kommunalpolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann.

Ins Präsidium streben zudem die Hamburger Landeschefin Katja Suding, ihr baden-württembergischer Kollege Michael Theurer, der niedersächsische FDP-Chef Stefan Birkner und der Euro-Kritiker Frank Schäffler. Als seine Generalsekretärin wünscht sich Lindner die bisherige hessische Kultusministerin Nicola Beer. Vor einem Comeback steht der "ewige" Schatzmeister Hermann Otto Solms.

Als erste Wegmarke für die neue FDP gilt die Europa-Wahl am 25. Mai. Der Wahlkampf findet unter schwierigen Bedingungen statt: Die Liberalen müssen nach der Abwicklung der Bundestagsfraktion mit deutlich weniger Geld und Personal auskommen. So müssen im Etat bis zu 2,5 Millionen Euro eingespart werden. Die Stellenzahl in der Berliner Parteizentrale soll von 38 auf etwa 20 Mitarbeiter sinken.

In der Finanzplanung bis 2017, in der ein Bundestagswahlergebnis von 7 Prozent kalkuliert worden war, klafft eine zusätzliche Lücke von rund 700 000 Euro. Die Zuschüsse aus der staatlichen Wahlkampfkosten-Erstattung fallen im Vergleich zu 2009, als die FDP ein Rekordergebnis (14,6 Prozent) holte, um 3,9 Millionen Euro geringer aus. Allerdings verzeichnet die Partei seit der Wahl wieder einen Mitgliederzuwachs.

Der FDP-Nachwuchs fordert nun mehr Macht für die 59 000 Mitglieder. Dazu sollten regelmäßige Mitgliederentscheide und Abstimmungen über die Kandidaten für Wahlen gehören. "Wir dürfen den Neuanfang nicht nur an Personen festmachen", sagte der Juli-Vorsitzende Alexander Hahn der Nachrichtenagentur dpa.

Mit Spannung wird erwartet, ob es beim zweitägigen Sonderparteitag zu einer offenen Abrechnung der Basis mit der alten Führung kommt. Neben Rösler wollen sich die noch amtierenden Bundesminister Daniel Bahr, Dirk Niebel, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und Guido Westerwelle zurückziehen. Der scheidende Generalsekretär Patrick Döring warf seiner Partei Rassismus im Umgang mit Rösler vor, der einst als Waisenkind aus Vietnam nach Deutschland kam. An Stammtischen hätten Liberale von "dem Vietnamesen" gesprochen, und manche Abgeordnete hätten dem nur halbherzig widersprochen, sagte Döring der in Hannover erscheinenden "Neuen Presse" (Freitag).

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