Porträt Michael Bloomberg Linksliberaler Milliardär

Washington · Seinen letzten öffentlichen Flirt mit dem höchsten Amt im Staate hatte Michael Bloomberg im Herbst noch selber beerdigt. Für einen „kleinen, jüdischen, geschiedenen Milliardär“, kokettierte der Gründer des gleichnamigen Wirtschaftsnachrichtendienstes, seien die Chancen, ins Weiße Haus einzuziehen, gleich null.

 Der ehemalige Bürgermeister von New York, Michael Bloomberg.

Der ehemalige Bürgermeister von New York, Michael Bloomberg.

Foto: dpa

Inzwischen ist der 73-jährige frühere Bürgermeister New Yorks zu einer anderen Lagebeurteilung gekommen. Er liebäugelt mit einer Turbokandidatur als Parteiloser in letzter Minute. Vorausgesetzt, bei den Republikanern überstehen die ultrakonservativen Populisten Donald Trump oder Ted Cruz die in einer Woche in Iowa beginnenden internen Vorwahlen unfallfrei. Und unter der Bedingung, dass bei den Demokraten der selbst ernannte Sozialist Bernie Sanders der haushohen Favoritin Hillary Clinton wirklich gefährlich wird. Bloomberg will sich endgültig Anfang März entscheiden.

Ein entsprechender Bericht der New York Times, der sich auf Berater und Freunde des asketischen Unternehmers bezieht, wurde gestern aus dem Bloomberg-Lager heraus bestätigt. Bloomberg soll bereit sein, für seine Initiative eine Milliarde Dollar aus seinem Privatvermögen zu berappen. Im Hintergrund arbeiteten bereits Stäbe an der Vorbereitung einer Blitz-Wahlkampagne, die sich auf einige wenige Bundesstaaten konzentrieren könnte.

Etwa Florida, wo es eine starke jüdische Gemeinde gibt. Sein Motiv: Michael Bloomberg, der mal Demokrat war, dann Republikaner wurde und seit 2007 politisch unabhängig ist, will in der Bevölkerung den Wunsch nach einer „unideologischen, ergebnisorientierten und parteiübergreifenden Alternative“ vernommen haben. Sowohl Donald Trump auf der Rechten als auch Bernie Sanders am anderen Ende des Spektrums hält er für gefährliche Spalter, die das Land zerreißen, anstatt zu einen.

Tritt Bloomberg an, könnte sich die Dynamik im Rennen um das Weiße Haus verschieben. Und zwar zu Ungunsten der Demokraten um Hillary Clinton. „Moderate und parteiunabhängige Wählerschichten hätten dann eine Alternative“, sagt Philip Wallach, Experte beim Brookings-Institut.

Obwohl noch nie ein „third party candidate“ auch nur in Rufweite des Weißen Hauses kam, könnte Bloomberg den Favoriten der beiden großen Parteien empfindliche Verluste beibringen. Beispiele aus der Vergangenheit gibt es: 1992 holte der texanische Milliardär Ross Perot, der ebenfalls als Unabhängiger antrat, so viele Stimmen, dass er George H. W. Bush um die Wiederwahl brachte und am Ende Bill Clinton gewann. Acht Jahre später machte der grüne Verbraucheranwalt Ralph Nader aus Kalifornien den Einzug des demokratischen Bewerbers Al Gore durch 100 000 Stimmen in Florida zunichte.

Anders als der ebenfalls in der Privatwirtschaft zu einem Milliardenvermögen gekommene Rechtspopulist Trump, der die republikanischen Umfragen beharrlich anführt, gilt Bloomberg als effizienter, detailversessener Technokrat mit linksliberalen Ansichten. Als „Mayor“ von New York setzte er 2003 ein Rauchverbot in der Gastronomie durch.

Um die Luft zu verbessern, ließ er die New Yorker Taxis mit Hybridmotoren ausrüsten. Und mit umstrittenen Polizeistrategien machte er New York zur sichersten Großstadt in den USA. Seit Jahren unterstützt der aus einer russisch-jüdischen Familie in Boston stammende Geschäftsmann aus der Privatschatulle mit zweistelligen Millionenbeträgen Initiativen, die gegen die laxen Waffengesetze vorgehen.

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