Kommentar zum Jahresbericht Sucht Lust und Laster

Man verordnet und verabreicht Beruhigungspillen – bis zur Abhängigkeit der Patienten. Auch das sind Auswüchse der Gesundheitsindustrie, findet GA-Redakteur Holger Möhle.

 Die Alkoholsucht in Deutschland ist ungebrochen.

Die Alkoholsucht in Deutschland ist ungebrochen.

Foto: dpa

Trinken, Rauchen, Glücksspiel. Was dem einen Lust, ist dem anderen Laster. Und am Ende wird daraus Sucht. Was die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen in ihrem jüngsten Jahresbericht zusammengetragen hat, muss wieder bedenklich stimmen. Zwar ist in Deutschland der Konsum von Alkohol leicht und der Verbrauch von Nikotin etwas deutlicher zurückgegangen, doch getrunken und geraucht wird weiter auf hohem Niveau – teilweise auch riskant.

Was an dem Suchtreport besonders aufrütteln muss: Die Abhängigkeit von Medikamenten, vor allem von Schmerz- und Beruhigungsmitteln, ist stark verbreitet, wird aber landläufig unterschätzt. Sie muss auch als Ausdruck einer reichen Gesellschaft gesehen werden, die eine Seniorengeneration, die dieses Land wieder aufgebaut hat, lieber mit Medikamenten ruhigstellt, als ihnen ausreichend Pflegekräfte an die Seite stellt. Man verordnet und verabreicht Beruhigungspillen – bis zur Abhängigkeit der Patienten. Auch das sind Auswüchse der Gesundheitsindustrie.

Jede Gesellschaft hat ihre Drogen. Und Hunderttausende versuchen, davon wieder loszukommen – mit allen Kosten und Folgekosten. In Deutschland gibt es viele qualifizierte Einrichtungen, spezialisierte Abteilungen in Krankenhäusern oder Fachkliniken, die dabei helfen, dass eine Sucht möglichst nicht weiter das Leben dominiert – oder zerstört. Den Ausstieg aus dem Rauchen schaffen viele aus eigener Kraft. Die E-Zigarette ist dabei ein trügerisches (Beruhigungs-)Mittel – weniger schädlich als echtes Nikotin, aber trotzdem Teil des Suchtkreises.

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