Kommentar zum EU-Datenschutz Machtwechsel im Netz

Meinung | Brüssel · Die neuen EU-Datenschutzrichtlinien geben dem Bürger die Herrschaft über ihre Daten zurück, sagt GA-Korrespondent Detlef Drewes. Dadurch wird das Internet weder ärmer noch einsilbiger.

Die neue Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) tritt mit einer Fülle neuer Vorschriften für den Daten- und Verbraucherschutz offiziell am 25.05.2018 in Kraft.

Die neue Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) tritt mit einer Fülle neuer Vorschriften für den Daten- und Verbraucherschutz offiziell am 25.05.2018 in Kraft.

Foto: dpa

Es ist ein Dokument des Sieges im Machtkampf um die Vorherrschaft im Internet. Längst schien der Nutzer wehrlos, ausgeliefert den Großkonzernen, die mit Cookies und anderen Programmen im Hintergrund hungrig jede Datenspur aufnahmen und daraus ein Geschäftsmodell machten. Der gläserne Bürger – lange Jahre ein Schreckensbild für viele – wurde Wirklichkeit. Der 25. Mai 2018 ändert das.

Nun bekommen die Bürger die Herrschaft über ihre Daten zurück. Sie dürfen wissen, wer was erfasst hat. Die Bürger werden ermächtigt, Angaben zu korrigieren, zu sperren oder löschen zu lassen. Wer mit persönlichen Informationen als dem Rohstoff des digitalen Zeitalters handelt, wird Beschränkungen und einer weitreichenden Transparenz unterworfen.

Längst sind die Unkenrufe verstummt, damit seien Google, Facebook, Apple oder Microsoft am Ende. Zwar hat sich das Bewusstsein der Generation Facebook geändert, das Preisgeben persönlicher Lebensinhalte auf dem Tableau sozialer Netzwerke scheint dennoch kaum noch aufzuhalten. Nur bekommen die User wenigstens das Instrumentarium, allzu große Offenherzigkeit zurücknehmen zu können.

Der Machtwechsel im Netz wurde von jenen befeuert, die ihn als Letzte wollten. Der Facebook-Skandal, das millionenfache Absaugen persönlicher Informationen auch durch Geheimdienste, das Umgehen europäischer Rechte durch Server in fernen Urlaubsparadiesen – all dies hat die Mehrheiten in der EU verändert. Waren die europäischen Politiker lange bereit, den Datensammlern und Profiteuren persönlicher Profile alles zu geben, was sie für ihre Geschäftsmodelle brauchten.

Die Bedrohung sogar der Demokratie durch Verwertungsgesellschaften wie Cambridge Analytica war zu viel. Jetzt setzt die Gemeinschaft hohe Standards in Sachen Datenschutz und zwingt damit auch ausländische Anbieter, die europäische User zu ihren Kunden zählen, die neuen Vorschriften umzusetzen. Daran wird niemand vorbeikommen – auch Unternehmen in Asien, den USA oder Lateinamerika nicht. Das Internet ist den Flegeljahren entwachsen, in denen der Gesetzgeber stets den Praktiken und Algorithmen der Anbieter hinterher gelaufen ist. Künftig muss der Verbraucher nur noch verstehen und nutzen, was ihm zusteht.

Das Netz wird durch diese Neuerungen weder ärmer noch einsilbiger. Es kehren nur endlich neue Kriterien für Qualität ein: Verbraucherschutz, Datensicherheit und Transparenz. Dass immer noch Unternehmen über die Herausforderungen klagen, bleibt unverständlich. Sie hatten zwei Jahre Zeit, um sich auf das neue Regelwerk einzustellen – und zu verstehen, dass das Vertrauen ihrer Kunden letztlich mehr wiegt als dubiose Geschäfte mit ebenso zweifelhaft genutzten Datenspuren. Wer das nicht begreift, wird dafür viel Lehrgeld bezahlen müssen.

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