Nach Verschärfung der Militärpräsenz in Brüssel Massive Sicherheitsvorkehrungen sind in Israel Alltag

Nach zahlreichen Anschlägen hat der israelische Staat viel getan, um Terrorgefahren abzuwehren und das Sicherheitsgefühl seiner Bürger zu stärken. Die ehemalige GA-Korrespondentin Ulla Thiede berichtet über ihre Erfahrungen in Jerusalem.

Dennoch Meine israelische Freundin Pamela hat ihre Lehre aus der zweiten Intifada gezogen: „In Jerusalem fahre ich seitdem nicht mehr mit dem Bus“, sagt die 71-Jährige. In den Jahren 2000 bis 2005, als der palästinensische Terror besonders schlimm in Israel wütete, waren die öffentlichen Verkehrsmittel manchmal täglich Zielscheibe blutiger Sprengstoffanschläge. Wer die Sirenen der Krankenwagen so oft wie die Jerusalemer in jenen Jahren hörte, Angehörige verlor oder nur knapp einem Attentat entging, ist für sein Leben traumatisiert.

Dabei tut der Staat viel, um Terrorgefahren abzuwehren und damit auch das Sicherheitsgefühl seiner Bürger zu stärken. Hunderte Überwachungskameras sind in der Altstadt installiert, damit die Sicherheitskräfte jede verdächtige Bewegung in den von Juden, Christen und Muslimen dicht bewohnten Straßen erfassen können. Die Zugänge zum Platz vor der jüdischen Klagemauer sind elek-tronisch gesichert wie ein Flughafengate, Leibesvisitation und die Durchleuchtung der Taschen auf Messer oder Waffen sind Pflicht.

Nicht weniger abgesichert sind Theater, Kinos, Einkaufszentren, Universitäten und Schulen. Dass man einen Fahrkartenschalter oder den Bahnsteig ohne Bodycheck und Gepäckdurchleuchtung erreicht, ist undenkbar. Bei der Fahrt zum internationalen Ben-Gurion-Flughafen bei Tel Aviv müssen Pkw, Taxis und Busse Schranken passieren, die von bewaffneten Soldaten bewacht werden. Insassen müssen ihren Reisepass zeigen, oft ist auch der Kofferraum zu öffnen. Um zu verhindern, dass Terroristen die Schranken mit dem Fahrzeug durchbrechen, was schon vorgekommen ist, können Nagelsperren aus dem Boden hochgefahren werden. Seit 2015 mehrere Attentäter mit ihren Fahrzeugen in Personengruppen an Bus- und Straßenbahnhaltestellen in Jerusalem rasten und Menschen töteten, ordnete die Regierung die Sicherung von 300 Stationen mit hüfthohen eisenummantelten Betonpfeilern an. Bushaltestellen außerhalb der großen Städte sind bereits seit 2001 mit Schutzmauern verstärkt.

Israelis wissen, dass es keinen hundertprozentigen Schutz gibt. Gegen Einzeltäter, die mit Messern Polizisten oder Passanten angreifen, hilft keine Mauer. Strenggläubige Juden vertrauen beim Gang durch das muslimische Viertel zur Klagemauer ganz offenbar ihrem Gott. Wer nicht so schicksalsergeben ist, meidet wie Pamela Orte, an denen es häufig Anschläge gab. So ist Wachsamkeit Pflicht. Weit verbreitet bei Israelis ist zudem die Einstellung, man müsse das Leben genießen, weil man nicht weiß, was morgen sein wird. Das gibt Besuchern Israels oft den Eindruck, dass das Leben dort – zu ihrer Überraschung – ganz normal sei.

Die Autorin lebte von 2013 bis 2016 in Israel.

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