NRW-Check Mehrheit der Bürger in NRW glaubt nicht an Kohleausstieg 2030

Exklusiv · Klimaschutz ist für viele NRW-Bürger nicht das drängendste Problem. Dennoch würde es eine Mehrheit begrüßen, den Kohleausstieg 2030 zu versuchen. Beim Strukturwandel sind die Bürger optimistisch. Allerdings sehen sie hier keine Partei besonders weit vorn.

 Eine Mehrheit der NRW-Bürger (63 Prozent) erwartet nicht, dass ein auf 2030 vorgezogene Kohleausstieg auch gelingen würde.

Eine Mehrheit der NRW-Bürger (63 Prozent) erwartet nicht, dass ein auf 2030 vorgezogene Kohleausstieg auch gelingen würde.

Foto: dpa/Oliver Berg

Alle Parteien reden vom Klimaschutz, doch die Bürger in Nordrhein-Westfalen interessiert das Thema nur begrenzt. Die große Mehrheit der Wahlberechtigten (79 Prozent) glaubt nicht, dass der Klimaschutz das derzeit wichtigste Problem ist, sondern sehen andere Fragen wie die Pandemie als genauso wichtig oder wichtiger an. Selbst bei den Grünen-Anhängern meinen nur 51 Prozent, der Klimaschutz sei das Hauptproblem, wie die Umfrage der NRW-Tageszeitungen ergeben hat.

Dabei sind sich die Regionen sogar weitgehend einig: Von der Eifel bis zum Sauerland, im Ruhrgebiet und in der Rheinschiene sehen die Bürger den Klimaschutz nicht als vordringlichste Frage an. Dennoch spricht sich eine Mehrheit der Befragten (58 Prozent) dafür aus, den Ausstieg aus der Kohleverstromung schon bis zum Jahr 2030 zu versuchen. Erwartungsgemäß befürworten am häufigsten die Anhänger der Grünen den Versuch. Größere Vorbehalte haben Anhänger der CDU und der AfD. Bislang war der Kohleausstieg in Deutschland bis 2038 geplant. Die Ampel-Koalition im Bund hat sich darauf verständigt, es idealerweise schon 2030 zu schaffen.

NRW-Check: Mehrheit der Bürger glaubt nicht an Kohleausstieg 2030

Der Versuch ist das eine, die Realisierung das andere: Eine Mehrheit der NRW-Bürger (63 Prozent) erwartet nicht, dass ein auf 2030 vorgezogene Kohleausstieg auch gelingen würde. Denn dazu müssten Planungsverfahren drastisch verkürzt und der Ökostrom massiv ausgebaut werden, um die Stromversorgung weiter zu sichern. An die Realisierbarkeit eines früheren Kohleausstiegs glauben mehrheitlich nur Grünen-Anh änger.

Und während der Ausstieg aus dem Steinkohle-Bergbau über die Jahre Zehntausende Arbeitsplätze in Nordrhein-Westfalen gekostet hat, sind die Bürger beim nun anstehenden Ausstieg aus der Kohle-Verstromung deutlich optimistischer: Nur 29 Prozent erwarten, dass es im Zuge der Energiewende weniger Arbeitsplätze im Vergleich zu heute geben wird. Zehn Prozent rechnen sogar mit mehr Arbeitsplätzen. Die meisten erwarten, dass die Zahl der Jobs unverändert bleibt. Das ist nach den Erfahrungen mit dem harten Strukturwandel im Ruhrgebiet ein erstaunliches Ergebnis. Auch geht weniger als die Hälfte der Bürger (45 Prozent) davon aus, dass nicht genug neue Firmen etwa aus dem Dienstleistungsbereich angesiedelt werden können, um wegbrechende Jobs im Bergbau und der Stahlindustrie zu ersetzen. Die Bewohner am linken Niederrhein erwarten allerdings überdurchschnittlich oft einen generellen Verlust an Arbeitsplätzen. Hier macht sich die Nähe zum Braunkoh le-Revier bemerkbar. Bei der Frage, ob der Strukturwandel gelingt, sind Anhänger von SPD, CDU und Grünen optimistischer als die von FDP und AfD.

Die neue Zuversicht kommt jedoch keiner Partei zugute. Bei der Frage, welche Partei den Strukturwandel in NRW am ehesten bewältigen kann, ergibt sich kein klares Bild: 19 Prozent der Bürger nennen die SPD, 17 Prozent die CDU und ebenfalls 17 Prozent die Grünen. Die FDP kommt auf acht Prozent. Für den Kohleausstieg 2038 hatte die schwarz-gelbe Landesregierung Milliarden an Fördergeldern für NRW ausgehandelt, doch das schlägt sich nicht nieder.

NRW-Check: 93 Prozent rechnen mit steigenden Energie- und Benzinpreisen

Keine Illusionen machen sich die Bürger über ihre zukünftige Belastung durch Energiewende und Klimapolitik. 93 Prozent gehen davon aus, dass der eigene Haushalt durch steigende Energie- und Benzinpreise etwas oder sehr stark belastet wird. So hat die Bundesregierung bereits festgeschrieben, dass der Preis für die Kohlendioxid-Emissionen von Jah r zu Jahr steigen soll, was die Unternehmen auf die Verbraucher umlegen. Am wenigsten besorgt sind die Bewohner der großen Städte und die Grünen-Anhänger, was die Belastung durch hohe Energiepreise angeht.

Ohnehin geht nur eine Minderheit der Bürger davon aus, dass die Preissteigerungen so hoch ausfallen, dass sie ihr Heiz- oder Fahrverhalten ändern müssen. Nur 19 Prozent erwarten etwa, dass sie sich beim Autofahren einschränken müssen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort
Vom Mahner zum Macher?
Kommentar zu Erwartungen an Lauterbach Vom Mahner zum Macher?