Geplante EU-Abkommen Merkels Strategie gegen Trump

Berlin · Die geplanten Abkommen der Europäischen Union setzen US-Präsident Donald Trump unter Druck.

 US-Präsident Donald Trump und seine Frau Melania Trump.

US-Präsident Donald Trump und seine Frau Melania Trump.

Foto: dpa

Er habe der Kanzlerin seine Unterstützung für den G20-Gipfel zugesagt, ließ US-Präsident Donald Trump nach seinem Telefonat mit Angela Merkel am Montag verbreiten. Ob dies von tieferer Bedeutung war, ist ungewiss. Die Kanzlerin jedenfalls bleibt skeptisch. Im „Zeit“-Interview spricht sie von einer „Quadratur des Kreises“, die in Hamburg auf sie zukomme.

„Es bleibt sehr anspruchsvoll“, sagte Merkel. Gemeint ist damit vor allem ihre Auseinandersetzung mit Trump. Nicht nur dessen Absage an den Klimaschutz ist tief beunruhigend. Trump scheint auch von einem gemeinsamen G20-Bekenntnis zum Freihandel noch weit entfernt zu sein. Schlimmer noch, er könnte sogar einen Handelskrieg lostreten.

Merkel versucht den unberechenbaren US-Präsidenten mit einer Dreifach-Strategie zum Einlenken zu bewegen: Ihr Ton gegenüber Trump ist in den vergangenen Tagen merklich deutlicher und härter geworden, zugleich lässt sie die Türen für Konsensgespräche mit der US-Administration weit geöffnet. Parallel dazu schmiedet sie neue Handelsallianzen mit anderen G20-Partnern – vor allem in Asien.

Mit Japan will die EU sogar unmittelbar vor dem Gipfel am Donnerstag in Brüssel eine Grundsatzerklärung über ein neues Handelsabkommen unterzeichnen. Und beim Besuch des chinesischen Regierungschefs Xi Jinping in Berlin kündigte die Kanzlerin an, ein Investitionsabkommen der EU mit China könne später in ein Handelsabkommen münden.

Trump wird auf diese Weise stark unter Druck gesetzt, denn die handelspolitischen Perspektiven der USA verschlechtern sich mit jedem Abkommen, das andere in der Welt schließen. In Hamburg steht es vor Beginn des Gipfels zudem politisch 19 zu eins gegen Trump. Merkel wird aufpassen müssen, dass diese ungemütliche Situation den zu aggressiven Reaktionen neigenden US-Präsidenten nicht provoziert. 19:1-Lösungen liegen jedoch auch nicht im Interesse der Deutschen oder anderer Länder. „Handelspolitik an den USA vorbei greift zu kurz. Eine 19:1-Lösung ist deswegen keine wirkliche Lösung“, betonte Joachim Lang, Hauptgeschäftsführer des Industrieverbands BDI.

Beim Thema Freihandel sind die Fronten jedoch verhärtet wie zu Beginn der Trump-Ära. „Freihandel bedeutet nicht, der eine gewinnt, der andere verliert. Ich befürchte, das wollen Trump und seine Administration weiterhin nicht einsehen“, sagte Volker Treier, Außenwirtschaftschef des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK). „Deshalb ist es so wichtig, auf dem G20-Gipfel deutlich zu machen, dass ein offener, fairer Handel für alle von Vorteil ist.“

Trump allerdings ist eben unberechenbar. Genauso, wie es möglich wäre, dass ihn Merkel von einem G20-Beschluss zum fairen und regelbasierten Welthandel doch noch überzeugt, könnte er am Tag nach dem Gipfel einen Handelskrieg auslösen. Trump droht neuerdings damit, Stahlimporte durch hohe Strafzölle zu unterbinden. „Es steht leider spitz auf Knopf: Die USA könnten auch unmittelbar nach dem Gipfel Strafzölle generell auf Stahlimporte einführen“, sagte Treier. Darauf könnten die EU, China und andere dann nur mit Vergeltungsmaßnahmen reagieren. „Die Situation ist momentan so prekär, dass ein globaler Handelskrieg nicht ausgeschlossen ist.“ Nur der Gipfel könne diesen Konflikt noch abwenden.

Für Deutschland steht viel auf dem Spiel. Die deutsche Wirtschaftsleistung beruht zu 40 Prozent auf dem starken Export, jeder vierte Arbeitsplatz ist direkt oder indirekt davon abhängig. Und die USA sind der mit Abstand wichtigste Exportmarkt. Da US-Unternehmen umgekehrt deutlich weniger nach Deutschland exportieren, ergibt sich ein hoher Handelsüberschuss von fast 50 Milliarden Euro im Jahr, der Donald Trump ein Dorn im Auge ist.

Nach einer aktuellen DIHK-Umfrage stellen deutsche Unternehmen neben den 700 000 Stellen in den USA, die sie schon geschaffen haben, weitere 40 000 neue Jobs durch Direktinvestitionen in Aussicht. Wenn es Merkel gelingt, Trump diese Jobgewinne deutlich zu machen, „könnte das ein Weg sein, wie Trump gesichtswahrend seinen protektionistischen Kurs ändern kann“, hofft Treier.

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