Terroranschlag in Tunis Mindestens ein Deutscher unter Toten in Tunesien

Tunis · Bei einem blutigen Terroranschlag auf das Nationalmuseum im Herzen von Tunis sind mindestens 21 Menschen ums Leben gekommen. Die Opfer stammten aus Deutschland, Polen, Italien und Spanien, sagte der tunesische Ministerpräsident Habib Essid am Mittwoch in der Hauptstadt Tunis.

 Mitglieder einer Antiterror-Einheit beziehen Position vor dem Museum, in dem die Attentäter Geiseln festhalten. Foto: Mohamed Messara

Mitglieder einer Antiterror-Einheit beziehen Position vor dem Museum, in dem die Attentäter Geiseln festhalten. Foto: Mohamed Messara

Foto: DPA

Ob es sich um einen oder mehrere getötete Deutsche handelt, sagte er nicht. Das Auswärtige Amt in Berlin konnte die Angaben zu deutschen Opfern zunächst nicht bestätigen. Man bemühe sich mit Hochdruck um Aufklärung, hieß es.

Täter in Uniformen hätten 19 Menschen getötet, darunter 17 Touristen, erklärte Essid. Auch zwei Attentäter seien umgekommen. Laut Essid wurden auch 24 Menschen verletzt, darunter 22 Touristen. Nach drei Terroristen werde noch gefahndet.

Bewaffnete hatten am Mittag auf dem Platz, an dem das Bardo-Museum und das Parlament liegen, mit Schnellfeuergewehren um sich geschossen. Dabei kamen nach ersten Angaben des tunesischen Innenministeriums acht Menschen um - darunter sieben ausländische Urlauber.

Terroranschlag in Tunis
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Essid sagte, die Täter hätten vor dem Museum willkürlich auf Touristen gefeuert und sie bis in das Museum verfolgt. Dort nahmen die Bewaffneten dann zahlreiche Urlauber als Geiseln. Die meisten der etwa 100 Besucher, die sich zum Zeitpunkt des Überfalls im Museum aufhielten, hätten jedoch rechtzeitig in Sicherheit gebracht werden können, hatte das Innenministerium schon vorab mitgeteilt.

Tunesische Sicherheitskräfte, die das Gebäude zunächst umstellt hatten, beendeten nach Angaben des Staatsfernsehens am Nachmittag die Geiselnahme. Dabei starben nach Angaben des Senders Watanija unter anderem zwei Terroristen und ein Polizist. Ob die übrigen Opfer bei dem Anschlag oder bei der gewaltsamen Beendigung der Geiselnahme getötet wurden, war zunächst nicht klar.

Präsident Béji Caïd Essebsi erklärte, ein "riesiges Unglück" habe Tunesien heimgesucht. "Wir müssen mit einer Generalmobilmachung beginnen und die Terroristen endgültig ausschalten", sagte Essebsi bei einem Besuch von Verletzten im Krankenhaus. Im Parlament, wo am Nachmittag gerade Abgeordnete tagten, löste der Anschlag Schrecken und Chaos aus.

Unter den Toten des Anschlags seien womöglich bis zu vier Polen, sagte der Sprecher des polnischen Außenministeriums, Marcin Wojciechowski, in Warschau unter Berufung auf offiziell zunächst nicht bestätigte Berichte. "Wir hoffen, dass das nicht der Fall ist."

Zum Zeitpunkt des Anschlags habe sich eine Reisegruppe von 36 polnischen Touristen im Bardo-Museum aufgehalten, hieß es. Drei der Touristen seien verletzt worden, aber nicht in Lebensgefahr. Das Schicksal von etwa einem Dutzend Polen war demnach zunächst unklar.

Auch zwei Italiener seien verletzt worden, meldete die italienische Nachrichtenagentur Ansa. Einige der Touristen, die von dem Anschlag betroffen waren, waren vermutlich Passagiere der Kreuzfahrtgesellschaft Costa Crociere. Das Schiff "Costa Fascinosa" habe im Hafen von Tunis geankert, teilte das Unternehmen mit. Einige Passagiere hätten an einer Tour durch die Stadt teilgenommen. Das Unternehmen sei in ständigem Kontakt mit dem Außenministerium in Rom und den Sicherheitsbehörden vor Ort.

Medien des nordafrikanischen Landes hatten zuvor berichtet, unter den Touristen, die sich in der Gewalt der Geiselnehmer befanden, hätten sich auch Franzosen und Briten befunden. Eine offizielle Bestätigung dafür gab es zunächst nicht.

Führende EU-Politiker zeigten sich betroffen. Ratspräsident Donald Tusk erklärte, er sei schockiert. "Die Europäische Union und Tunesien werden sich nicht einschüchtern lassen, ob zu Hause oder im Ausland", teilte er in Brüssel mit. Die EU stehe bereit, um der tunesischen Regierung beim Kampf gegen den Extremismus zu helfen. Ähnlich äußerte sich die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini. Die EU wolle das Land beim demokratischen Wandel und bei Wirtschaftsreformen unterstützen.

Auch Frankreichs Staatspräsident François Hollande und Regierungschef Manuel Valls verurteilten die Terrorattacke scharf. Hollande drückte in einer Botschaft an Tunesien die Solidarität Frankreichs aus, wie der Élysée-Palast mitteilte.

Ein Sprecher des britischen Reisebüroverbandes (Abta) erklärte in London, die Organisation stehe in Kontakt mit ihren Mitgliedern und dem Außenministerium, um herauszufinden, ob britische Staatsbürger unter den Opfern seien. Pro Jahr besuchten rund 400 000 Briten Tunesien, die meisten reisten in Ferienanlagen an der Küste. Laut Abta halten sich derzeit 6500 Briten in Tunesien auf - nur wenige davon in Tunis. Die meisten Abta-Reiseleiter hätten vorsorglich für die nächsten Tage geplante Touren nach Tunis abgesagt.

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