Josefa Idem Ministeramt in Italien nach nur 58 Tagen wieder abgegeben

ROM · Natürlich war sie ein Symbol in der Regierung. Die Kanutin, die so oft wie keine andere Athletin an Olympischen Spielen teilgenommen hatte und dabei sogar einmal die Goldmedaille gewann. Die Frau, die aus Deutschland stammte, aber sich in ihrer Wahlheimat Italien politisch engagierte. Achtmal war Josefa Idem bei Olympischen Spielen gestartet, zweimal für Deutschland und sechsmal für ihre Wahlheimat Italien, deren Staatsbürgerschaft sie seit 1992 besitzt.

 Rücktritt in Rom: Ministerin Josefa Idem.

Rücktritt in Rom: Ministerin Josefa Idem.

Foto: AP

Idem war in der Regierung von Premier Enrico Letta als Ministerin für Gleichberechtigung, Jugend und Sport zuständig, also nicht für Prioritäten der italienischen Politik. Aber die Präsenz dieser blonden und als integer gerühmten Ausdauersportlerin sollte die Regierung schmücken.

Am Montag trat die 48 Jahre alte Idem wegen einer Steueraffäre von ihrem Ministeramt zurück. Nicht einmal 60 Tage war die im nordrhein-westfälischen Goch geborene Sportlerin im Amt.

Die letzten Wochen wurden zum Spießrutenlauf, in dem sich Idem für einige Unregelmäßigkeiten in ihrem Privatleben rechtfertigen musste. "Ich habe Fehler gemacht, ich bin ehrlich, aber nicht unfehlbar." So lautete der Kernsatz ihrer Verteidigung in einer Pressekonferenz am Wochenende. Idem listete in einem immer noch mit deutschem Akzent gefärbten Italienisch ihre sportlichen Verdienste auf, doch zu spät. In der allgemeinen antipolitischen Stimmung in Italien legt Ministerpräsident Enrico Letta auf besondere Integrität der Regierungsmannschaft Wert, er selbst wirkt wie ein Musterschüler. Auch kleinere Vergehen und "zweierlei Maß" sollen nicht geduldet werden, gab Letta zu verstehen. Idem trat zurück.

Die Vorwürfe betreffen in erster Linie eine Sporthalle in der Nähe von Idems Wahlheimatstadt Ravenna. Ihr wird vorgeworfen, vier Jahre lang keine Grundsteuer für diese Immobilie abgeführt zu haben, die sich pro Jahr auf knapp 1000 Euro belief.

Außerdem war die Rede von Unregelmäßigkeiten bei Bau und Nutzung der Sporthalle, die von ihrem Ehemann und Trainer Guglielmo Guerrini an einen Sportverein vermietet worden sein soll, von Idem aber als privates Trainingsquartier klassifiziert wurde. Die Staatsanwaltschaft ermittelt. Schließlich tauchten Vorwürfe auf, die Vorzeige-Sportlerin habe ihre politische Karriere auch finanziell unkorrekt ausgenutzt. Kurz bevor sie 2001 Sportreferentin der Stadt Ravenna wurde, ließ Idem sich von ihrem Ehemann einstellen und bekam den dann fälligen Sonderurlaub bezahlt. 8600 Euro soll Idem so angehäuft haben. Angesichts dieser zahlreichen Vorwürfe war die Ministerin zum Bumerang geworden.

Nach ihrem Rücktritt bekommt Josefa Idem viel Unterstützung. "Ich nutze die Gelegenheit, um ihr meine volle Solidarität auszusprechen und vor allem meine Wertschätzung", sagte Integrationsministerin Cécile Kyenge gestern. Auch im Internet stellten sich viele Menschen hinter die 48-Jährige, wie die Nachrichtenagentur Ansa berichtete.

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