Syrien-Konferenz in Brüssel Mit oder ohne Assad?

Luxemburg · Die EU scheint bereit, Syriens Präsidenten Baschar al-Assad unter bestimmten Bedingungen bei anstehenden Friedenskonferenzen zu akzeptieren.

Sigmar Gabriel brachte das Dilemma der Europäer auf den Punkt. „Eines darf in Syrien nicht passieren“, warnte der Bundesaußenminister beim Treffen mit seinen 27 EU-Amtskollegen am Montag in Luxemburg: „Dass sozusagen ein Diktator, der fürchterliche Verbrechen in der Region begangen hat, auf Dauer unbehelligt bleibt.“ Andererseits gelte aber auch: „Am Ende müssen die Syrer entscheiden, wer dort Präsident wird und wer die Regierung stellt.“ Nur einen Tag vor der für Dienstag in Brüssel angesetzten Syrien-Konferenz, an der Vertreter von rund 70 Staaten und Hilfsorganisationen teilnehmen, bemühte sich die Gemeinschaft, Bewegung in die festgefahrenen Fronten zu bekommen.

Doch die zentrale Frage blieb umstritten: Mit oder ohne Staatschef Baschar al-Assad? Darf er bleiben oder muss er vor Friedensgesprächen zurücktreten? Frankreichs Außenminister Jean-Marc Ayrault war nicht der Einzige mit einer überaus pointierten Position: „Wenn es nach einer politischen Lösung eine Aussöhnung gibt und das Land wieder aufgebaut wird, stellt sich Frankreich keinen Moment lang vor, dass Syrien von al-Assad geführt werden könnte.“

Die klare Absage an den syrischen Herrscher gehörte bisher zum Credo der EU-Außenminister. Doch die Situation hat sich verändert. Mehrere Versuche, die Genfer Friedensverhandlungen in Gang zu bringen, sind gescheitert. Zuletzt am vergangenen Freitag. Der Grund: Zum einen stützen wichtige Verbündete al-Assads den Herrscher. Zum anderen macht sich auch in der europäischen Völkerfamilie eine Auffassung breit, die der Wiener Außenamtschef Sebastian Kurz zusammenfasste: „Der Präsident ist derzeit im Amt. Er kontrolliert weite Gebiete Syriens und es ist deshalb notwendig, bei Verhandlungen auch wirklich alle Player einzubinden – andernfalls ist die Chance, eine Lösung zustande zu bringen, schwierig.“

Das Schlussdokument der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini setzt deshalb neue Akzente: Kein Wort mehr von Forderungen nach einem Rücktritt al-Assads. Stattdessen wird unmissverständlich die „vorrangige Verantwortung der syrischen Führung für den Schutz der Bevölkerung“ betont. Die Außenminister forderten Russland auf, „alles“ zu tun, um eine Lösung zu ermöglichen. Schließlich habe der Konflikt in Syrien „direkte Auswirkungen“ auf die Union. Zu den wichtigsten Punkten gehören „ein Ende des Krieges durch einen wirklichen politischen Übergang“, die Stärkung der politischen Opposition, Hilfsmaßnahmen für die besonders gefährdeten Syrer und die Förderung der Demokratie.

„Wir werden alle Partner in der Welt auffordern, die humanitäre Hilfe für Syrien aufrechtzuerhalten“, betonte Mogherini und verwies darauf, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten – zum Teil über bilaterale Programme – bis jetzt mehr als 9,4 Milliarden Euro für den Schutz der Bevölkerung und die Versorgung von Kriegsopfern aufgewendet haben.

In einem Punkt wurden die Außenminister besonders deutlich: Man werde alles tun, um „Kriegsverbrechen, Menschenrechtsverstöße und die Verletzung des internationalen Rechtes zu verfolgen und vor dem Strafgerichtshof in Den Haag zur Anklage zu bringen.“ Ausdrücklich betonten die Ressortchefs, dass man auch den Berichten über den Einsatz chemischer Waffen nachgehen werde. Doch bisher gibt es kaum ein ernstzunehmendes Signal dafür, dass der Krieg in Syrien in absehbarer Zeit zu Ende gehen könnte.

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