Umfrage Große Mehrheit lehnt Muezzin-Ruf in Deutschland ab

Exklusiv | Bonn · Im Rahmen eines Modellprojekts dürfen Moscheen in Köln ihre Gläubigen zum Freitagsgebet rufen. Eine Idee, die für Kritik sorgt. Dass der Gebetsruf hierzulande genauso selbstverständlich zu hören sein sollte wie Kirchenglocken-Geläut, lehnen drei von vier Deutschen ab.

 In den kommenden zwei Jahren dürfen Moschee-Gemeinden in Köln auf Antrag und unter bestimmten Auflagen ihre Gläubigen zum mittäglichen Freitagsgebet rufen.

In den kommenden zwei Jahren dürfen Moschee-Gemeinden in Köln auf Antrag und unter bestimmten Auflagen ihre Gläubigen zum mittäglichen Freitagsgebet rufen.

Foto: picture alliance / Rainer Jensen/dpa/Rainer Jensen

„Der Islam gehört zu Deutschland“, stellte Bundespräsident Christian Wulff bereits im Jahr 2010 klar und stieß damit eine Debatte an, die bis heute andauert. Denn wie viel Platz der Glaube hierzulande finden soll, darüber wird immer wieder hitzig diskutiert. Zuletzt schaffte es die Stadt Köln mit einem Modellprojekt in die Schlagzeilen: In den kommenden zwei Jahren dürfen Moschee-Gemeinden auf Antrag und unter bestimmten Auflagen ihre Gläubigen zum mittäglichen Freitagsgebet rufen. Oberbürgermeisterin Henriette Reker bezeichnete die Entscheidung als Zeichen des Respekts. Neben harscher Kritik gab es allerdings auch Zustimmung. Ein Argument: Das Läuten der Kirchenglocken störe doch auch niemanden.

Deutliche Mehrheit lehnt Muezzin-Ruf in Deutschland ab

Doch sollte der Muezzin-Ruf, mit dem Muslime zum Gebet gerufen werden, in Deutschland genau so selbstverständlich zu hören sein wie das Geläut von Kirchenglocken? Nein, sagt eine deutliche Mehrheit der Deutschen, wie eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag unserer Redaktion ergibt. Nur 18 Prozent befürworten den Muezzin-Ruf in Deutschland, 76 Prozent lehnen ihn ab. Der Rest ist in der Frage unentschieden. Zwei von drei Befragten (64 Prozent) sagen sogar, dass der Gebetsruf „auf keinen Fall“ auf ähnliche Weise zu hören sein sollte wie christliche Kirchenglocken.

Die größte Ablehnung kommt aus dem Lager der AfD-, FDP- und Unions-Anhänger. Am offensten stehen Wählerinnen und Wähler der Grünen dem Vorschlag gegenüber.

Mit Blick auf die Altersstruktur der Befragten sind jüngere Menschen am ehesten der Meinung, dass der muslimische Gebetsruf ebenso selbstverständlich sein sollte wie Kirchenglockengeläut. Doch auch in der Gruppe der 18- bis 29-Jährigen lehnt eine Mehrheit den Vorstoß ab.

Anteil der Muslime in Deutschland liegt bei etwa 6,5 Prozent

Nach Hochrechnungen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge aus dem Jahr 2021 leben etwa 5,5 Millionen Muslime in Deutschland, ihr Anteil an der deutschen Gesamtbevölkerung beläuft sich auf etwa 6,5 Prozent. In Köln liegt der Anteil sogar bei deutlich mehr als zehn Prozent. Unterdessen ist übrigens noch völlig unklar, ob und wann der Ruf des Muezzins in Köln erklingen wird: Eine Genehmigung dafür hat nach Angaben der Stadt bislang keine Moscheegemeinde beantragt.

Das Meinungsforschungsinstitut Civey zählt für seine repräsentativen Umfragen nur die Stimmen registrierter und verifizierter Internetnutzer, die Daten wie Alter, Wohnort und Geschlecht angegeben haben. Die Stimmen werden nach einem wissenschaftlichen Verfahren gemäß der Zusammensetzung der deutschen Bevölkerung gewichtet. Für die Frage wurden im Zeitraum vom 12.10.21 bis 14.10.21 die Antworten von 5009 Teilnehmern berücksichtigt. Der statistische Fehler liegt bei 2,5 Prozentpunkten.

Wir wollen wissen, was Sie denken: Der General-Anzeiger arbeitet dazu mit dem Meinungsforschungsinstitut Civey zusammen. Wie die repräsentativen Umfragen funktionieren und warum Sie sich registrieren sollten, lesen Sie hier.

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