Silvio Berlusconi vor Gericht Nach dem Prozess ist vor dem Prozess

ROM · Politisch macht Silvio Berlusconi nicht mehr viel von sich Reden. Dafür sind seine Anwälte umso mehr beschäftigt.

Nachdem ein Gericht in Neapel den 78 Jahre alten italienischen Ex-Ministerpräsidenten gerade erst wegen Korruption zu drei Jahren Haft verurteilt hatte, kündigte Berlusconis Verteidiger Niccolò Ghedini an, in Berufung zu gehen. "Es handelt sich um ein in Aufsehen erregender Weise ungerechtes und ungerechtfertigtes Urteil", behauptete der Anwalt. Mit Berlusconi als Angeklagtem müsse man bei italienischen Richtern stets das Schlimmste erwarten.

Ghedinis Worte waren auf die zahlreichen Verfahren gemünzt, denen sich Berlusconi in den vergangenen Jahren ausgesetzt sah. Im jüngsten Fall sahen es die Richter in Neapel als erwiesen an, dass der Mailänder Medienunternehmer als Oppositionschef im Jahr 2006 einen Senator aus dem Regierungslager bestochen hatte.

Sergio De Gregorio soll von Berlusconi insgesamt drei Millionen Euro erhalten haben, um vom Regierungs- ins Oppositionslager zu wechseln und den Sturz des damaligen Ministerpräsidenten Romano Prodi herbeizuführen. Prodis Regierung stützte sich auf wenige Stimmen Mehrheit im Senat und kam 2008 tatsächlich zu Fall. De Gregorio hatte die Bestechung gestanden und mit der Staatsanwaltschaft für sich eine Haftstrafe von 20 Monaten ausgehandelt.

Zusammen mit Berlusconi wurde auch Valter Lavitola zu drei Jahren Haft wegen Korruption verurteilt. Lavitola war als Mittelsmann zwischen Berlusconi und De Gregorio tätig und händigte dem Senator etwa zwei Millionen Euro Bestechungsgeld in Raten aus. Eine weitere Million wurde auf ein Konto einer Stiftung De Gregorios überwiesen. Bei dem Richterspruch handelt es sich um ein Urteil erster Instanz, das keine unmittelbare Wirkung hat, sollten Rechtsmittel eingelegt werden. Zudem verfügten die Richter, Berlusconi und Lavitola dürften fünf Jahre lang keine öffentlichen Ämter übernehmen.

Dass Berlusconi im Fall De Gregorio konkrete Konsequenzen fürchten muss, ist unwahrscheinlich. Die Tat verjährt Anfang November. Die Aussicht auf ein rechtskräftiges Urteil ist damit äußerst gering. Die Richter verfügten, dass der ehemalige Ministerpräsident den italienischen Senat wegen der Bestechung entschädigen muss. Die Höhe der Entschädigung soll in einem gesonderten Zivilverfahren festgesetzt werden.

Erst im März hatte Berlusconi eine zehnmonatige Haftstrafe wegen Steuerbetrugs im Zusammenhang mit seinem Medienkonzern Mediaset als Helfer in einem Seniorenheim bei Mailand abgeleistet. Bis 2019 darf er wegen dieser Verurteilung keine öffentlichen Ämter übernehmen. Am heutigen Freitag soll Berlusconi in einem weiteren Korruptionsprozess in Bari aussagen. Ihm wird vorgeworfen, den Unternehmer Giampaolo Tarantini zur Falschaussage angestiftet zu haben und ihm dafür 850 000 Euro bezahlt zu haben. Laut Staatsanwaltschaft organisierte Tarantini in den Jahren 2008 und 2009 für Berlusconi Feste mit Callgirls.

Besonderes Aufsehen hatte in der Vergangenheit die sogenannte Ruby-Affäre erregt. Berlusconi war in erster Instanz wegen Prostitution Minderjähriger und Amtsmissbrauch im Zusammenhang mit der Prostituierten Karima el-Mahroug und den sogenannten Bunga-Bunga-Festen zu sieben Jahren Haft verurteilt worden. In zweiter und dritter Instanz folgte jeweils ein Freispruch. Weil Berlusconi mehrere Frauen zu Falschaussagen angestiftet haben soll, droht ihm ein neuer Prozess.

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