Kommentar zu von der Leyen Neue Erkenntnisse

Meinung | Brüssel · Es ist ein riskantes Spiel für Ursula von der Leyen, denn viele Abgeordnete des Europaparlaments sind noch immer wütend über die Art und Weise des Auswahlprozesses der Kandidatin. Aber: mehr und mehr setzen sich neue Erkenntnisse durch.

Die Zeit des Lächelns und der Charme-Offensive ist am Mittwoch vorbei. Ursula von der Leyen muss ihre europapolitische Vision vorlegen, Absprachen treffen, Forderungen der Fraktionen übernehmen, wenn sie in der kommenden Woche zur Nachfolgerin des scheidenden EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker gewählt werden will. 376 Stimmen braucht sie. 422 erreichte Juncker. Es ist ein riskantes Spiel.

Noch immer geben sich viele Abgeordnete wütend über die Art und Weise, wie die Spitzenkandidaten der Parteienfamilie am Ende ohne Mehrheit scheiterten. Aber mehr und mehr setzen sich doch zwei neue Erkenntnisse durch. Zum einen kann von der Leyen nichts für das Vorgehen der Staats- und Regierungschefs. Und zum zweiten weiß niemand, wen der EU-Gipfel den Abgeordneten nach ihr vorsetzen würde, sollte die deutsche Ministerin scheitern.

Doch auf solche strategischen Überlegungen sollte sich die Bundesverteidigungsministerin am Mittwoch nicht verlassen. Sie braucht überzeugende Antworten auf die Fragen, die ihr gestellt werden – nach dem Klimaschutz, nach dem Umgang mit Flüchtlingen und auch der Rettung von Hilfesuchenden auf dem Mittelmeer.

Das Europäische Parlament weiß um seine Macht. Die wird es ausspielen, weil es nur diese eine Chance hat, die nächste Kommission thematisch auf die gleiche Wellenlänge zu bringen.

Eigentlich ist das kein schlechtes Verfahren. Man stelle sich nur einmal vor, ein designierter deutscher Bundeskanzler und seine potenziellen Minister müssten sich vor ihrer Amtsübernahme einer Prüfung durch den Bundestag stellen – mit der Möglichkeit, durchzufallen. Da sage noch einer, die EU leide an einem Demokratiedefizit.

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