Neue Massenproteste in Ägypten: US-Emissär plädiert für Dialog

Kairo · In Ägypten haben sich Zehntausende Anhänger des gestürzten Präsidenten Mohammed Mursi zu neuen Massenprotesten gegen die Übergangsregierung versammelt.

 Anhänger des gestürzten Mursi blockierten eine Brücke in Kairo. Foto: Khaled Elfiqi

Anhänger des gestürzten Mursi blockierten eine Brücke in Kairo. Foto: Khaled Elfiqi

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Die Polizei setzte am Montagabend in Kairo Tränengas gegen Demonstranten ein, die eine wichtige Nilbrücke blockierten und Steine auf die vorrückenden Sicherheitskräfte warfen. Bei einem Besuch in Kairo rief der stellvertretende US-Außenminister William Burns die Akteure in dem tief gespaltenen Land zu Dialog und Gewaltverzicht auf. Der Spitzendiplomat ist der erste hochrangige amerikanische und auch westliche Regierungsvertreter, der das Land nach dem Umsturz vom 3. Juli besucht.

"Wir werden nicht versuchen, irgendein Modell aufzuzwingen", erklärte Burns nach seinen ersten Gesprächen in der ägyptischen Hauptstadt. Washington lege aber Wert auf "gewisse demokratische Prinzipien". Der US-Emissär war zuvor mit den Spitzen der Übergangsregierung in Kairo zusammengetroffen. Unter ihnen waren Übergangspräsident Adli Mansur, Ministerpräsident Hasem al-Beblawi sowie Militärchef Abdel Fattah al-Sisi, der eigentlich starke Mann im ägyptischen Machtgefüge.

Der amerikanische Nahost-Diplomat will bis Dienstag in der Nil-Metropole bleiben. Die USA verlangen - wie Deutschland - die Freilassung Mursis. Dieser wird seit seiner Entmachtung vom Militär an einem unbekannten Ort und ohne formelle Anklage festgehalten. Zunächst war nicht bekannt, ob Burns in seinen Gesprächen den Verbleib Mursis ansprach und wie seine ägyptischen Gesprächspartner darauf reagierten. Eine für die Mittagsstunden angesetzte Pressekonferenz wurde abgesagt. Stattdessen verlas Burns seine Erklärung.

Die USA unterstützen Ägypten mit jährlichen Hilfen in Höhe von 1,5 Milliarden Dollar. Davon sind 1,3 Milliarden Dollar für das Militär bestimmt. Diese Zahlungen müssten nach US-Rechtslage eingestellt werden, falls Washington den Umsturz als Militärputsch einstuft.

Am Wochenende hatte die ägyptische Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen Mursi wegen des Vorwurfs der Spionage aufgenommen. Zugleich wurden die Vermögen von 14 führenden Kadern der Muslimbruderschaft, aus der Mursi stammt, eingefroren. Ihnen wird unter anderem der Aufruf zur Gewalt vorgeworfen.

In Kairo versammelte die Muslimbruderschaft ihre Anhänger in ihrem Protestcamp vor der Raba-al-Adawija-Moschee in Nasr City. Die Mursi-Gegner versammelten sich auf dem zentralen Tahrir-Platz sowie beim Präsidentenpalast, der nur wenige Kilometer vom Kundgebungsort der Islamisten entfernt ist.

Gehad al-Haddad, der Sprecher der Muslimbruderschaft, kritisierte am Rande der Kundgebung in Nasr City den Besuch des US-Diplomaten Burns. "Jahrelang verkünden die USA in der Region die Prinzipien der Demokratie", erklärte er im Fernsehsender Al Jazeera International. "Doch beim ersten Test versagen sie", meinte er mit Blick auf die Absetzung des gewählten Präsidenten Mursi und die zurückhaltenden Reaktionen Washingtons darauf.

Auf der Sinai-Halbinsel dauern indes die Angriffe auf Armee und Polizei an. In der Nacht zum Montag attackierten Extremisten mit einer Panzerfaust einen Bus, in dem zivile Arbeiter einer Zementfabrik saßen, die zum Firmenimperium der Armee gehört. Drei Menschen wurden nach Krankenhausangaben in Al-Arisch getötet und 15 weitere verletzt. Bei einem bewaffneten Angriff auf den Rohbau einer Polizeiwache im Bezirk Al-Kasima wurden zudem ein 17-Jähriger getötet und ein Zwölfjähriger verletzt.

Islamistische Milizen und kriminelle Banden tummeln sich seit den arabischen Aufständen und dem Sturz von Langzeitmachthaber Husni Mubarak im Februar 2011 im Norden der Sinai-Halbinsel. Immer wieder gibt es Angriffe auf ägyptische Sicherheitskräfte. Seit der Entmachtung Mursis nehmen diese weiter zu.

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