Neue Neonazi-Terrorhelfer im Visier

Karlsruhe · Neuer Fahndungsschlag gegen den Neonazi-Terror: Die Bundesanwaltschaft hat am Mittwoch in drei Bundesländern Wohnungen und Geschäfte mutmaßlicher Unterstützer des Zwickauer Terror-Trios durchsucht.

Mittlerweile werden Ermittlungsverfahren gegen elf mutmaßliche Unterstützer der Gruppe geführt, wie Generalbundesanwalt Harald Range am Mittwoch in Karlsruhe sagte. Das sind vier mehr als bislang bekannt. Die Helfer sollen unter anderem Schusswaffen und Sprengstoff für die als "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) agierende Gruppe beschafft haben.

Etwa 110 Polizeibeamte waren an der Aktion in Sachsen, Thüringen und Baden-Württemberg beteiligt. Ziel sei es, weitere Erkenntnisse über das Unterstützerumfeld der terroristischen Vereinigung und die Herkunft der Waffen zu gewinnen. Es seien Festplatten, Computer, CDs und zahlreiche Schriftstücke sichergestellt worden, sagte Range. "Es ist eine unserer vordringlichsten Aufgaben, den Kreis der Unterstützer des NSU umfassend zu ermitteln und sie gegebenenfalls zur Verantwortung zu ziehen", sagte Range. "Auf dem Wege dahin sind wir in den letzten Wochen erheblich vorangekommen."

Der Bundestag will an diesem Donnerstag einen von allen Fraktionen getragenen Untersuchungsausschuss zur Neonazi-Mordserie beschließen. Das Gremium soll klären, warum die rechtsextreme Zwickauer Neonazi-Gruppe, der unter anderem zehn Morde zur Last gelegt werden, jahrelang unerkannt agieren konnte. Der designierte Ausschussvorsitzende Sebastian Edathy (SPD) rief die Länder auf, die Arbeit zu unterstützen. "Wir setzen auf Kooperation und nicht Konfrontation", sagte er der "Saarbrücker Zeitung" (Mittwoch). Es gehe nicht um Schuldzuweisungen, sondern das gemeinsames Interesse, Fehler zu analysieren und Schlussfolgerungen daraus zu ziehen.

Gegen die neu hinzugekommenen Verdächtigen wurden nach Angaben eines Sprechers der Bundesanwaltschaft keine Haftbefehle beantragt. Zwei von ihnen sollen den mutmaßlichen Rechtsterroristen Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe bereits 1998 Sprengstoff und eine Schusswaffe zur Verfügung gestellt haben. Es bestehe der Verdacht, dass sie die Zwickauer Terrorzelle auch später unterstützt hätten. Zwei weitere Beschuldigte sollen den NSU-Mitgliedern 2002 und 2003 Schusswaffen verschafft haben, darunter mindestens eine sogenannte Pumpgun.

Derzeit sitzen vier mutmaßliche Unterstützer in Untersuchungshaft, dazu kommt Beate Zschäpe als einziges überlebendes Mitglied der Gruppe. Die mutmaßlichen Rechtsterroristen sollen für die Morde an neun Kleinunternehmern türkischer und griechischer Herkunft sowie an einer Polizistin in Heilbronn 2007 verantwortlich sein. Auch zwei Bombenattentate in Köln 2001 und 2007 und mehrere Banküberfälle sollen auf ihr Konto gehen. Böhnhardt und Mundlos hatten sich Anfang November selbst getötet, als ihnen nach einem Bankraub die Festnahme drohte.

Range äußerte sich auch zu einer Haftbeschwerde, die Zschäpes Anwälte eingelegt haben. "Wir halten sie bereits nach den bisherigen Ergebnissen der Ermittlungen weiterhin für dringend verdächtig, sich an der terroristischen Vereinigung als Mitglied beteiligt zu haben." Die Ermittler haben dem Bundesgerichtshof 17 Aktenordner mit Beweisen vorgelegt, die dies belegen sollen. Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt hätten seit 1996 als Mitglieder des "Thüringer Heimatschutzes" in wechselnder Besetzung Straftaten begangen, sagte Range. So hätten sie mit Hakenkreuzen versehene Bombenattrappen aufgestellt.

"Die vor zweieinhalb Monaten begonnenen Ermittlungen werden weiterhin mit Hochdruck geführt", sagte Range. Mehr als 350 Beamte des Bundeskriminalamts und der Länderpolizeien sowie rund ein Dutzend Bundesanwälte seien mit dem Komplex befasst. Range betonte: "Angesichts der unfassbaren Grausamkeit und Menschenverachtung, die aus den Taten spricht, verbietet sich ein vorschnelles Ende der Ermittlungen."

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