Hartz-IV-Verstöße Neue Statistik

BERLIN · Die Bundesagentur für Arbeit veröffentlicht seit Jahren Statistiken zu den Sanktionen, die gegen Langzeitarbeitslose verhängt werden. Die vielleicht interessanteste Frage aber blieb bislang unbeantwortet: Wie viele der Langzeitarbeitslosen haben sich im Laufe eines Jahres ein Fehlverhalten zuschulden kommen lassen und müssen deswegen Abstriche beim Hartz-IV-Regelsatz hinnehmen?

Bislang lieferte die BA-Statistik lediglich die Zahl, wie viele Sanktionen im Laufe eines Jahres ausgesprochen wurden. Im Jahr 2013 war das gut eine Million. Eine Sanktion wird immer für drei Monate verhängt. Das heißt: Ein Hartz-IV-Bezieher kann im Laufe eines Jahres durchaus mehrfach mit Sanktionen belegt werden. Anhand der bloßen Zahl der Sanktionen ist also kein Rückschluss darauf möglich, wie viele Langzeitarbeitslose sich insgesamt etwas zuschulden haben kommen lassen.

Seit zwei Monaten gibt es nun eine neue Angabe in der Sanktionsstatistik der BA. Jetzt liefert die Agentur die Zahl der Langzeitarbeitslosen, die im Laufe eines Jahres neu mit einer Sanktion belegt wurden. "Wir wissen nun, dass im Laufe des Jahres 2013 insgesamt 470 900 erwerbsfähige Leistungsbezieher eine Sanktion betraf", sagte BA-Sprecherin Ilona Mirtschin unserer Zeitung. Das sind etwa neun Prozent der Menschen, die im Jahr 2013 entweder durchgehend oder zeitweise Hartz-IV bezogen haben. Die weit überwiegende Mehrzahl der Hartz-IV-Empfänger, nämlich rund 90 Prozent von insgesamt über vier Millionen Betroffenen, hat sich 2013 also kein Fehlverhalten zuschulden kommen lassen.

Die Politik hat bislang immer mit anderen Zahlen zu den Langzeitarbeitslosen operiert. Bislang hieß es stets, lediglich rund drei Prozent der Langzeitarbeitslosen lasse sich im Jahresschnitt etwas zuschulden kommen. Statistiker sagen: Diese Zahl ist rechnerisch zwar formal richtig, weil sie abbildet, dass im Jahresschnitt - das heißt an jedem der monatlichen Stichtage im Jahresverlauf - 146 600 Langzeitarbeitslose von Sanktionen betroffen waren. Wohl gemerkt: Im Jahresschnitt! Dabei muss man bedenken: Eine Sanktion wird jeweils für drei Monate verhängt. In dieser Betrachtungsweise müsste ein Langzeitarbeitsloser vier Sanktionen in Folge bekommen, um im Jahresschnitt vollständig als sanktionierter Langzeitarbeitsloser einzugehen.

Die neue Auswertung der Daten belegt, dass 2013 von den 470 900 Langzeitarbeitslosen, die mindestens einmal sanktioniert wurden, im Schnitt jeder zwei Mal verwarnt wurde. 2012 lag die Zahl der Sanktionierten mit 500 965 etwas höher, 2011 waren es sogar 510 384.

Insgesamt wurden 2013 demnach 720 000 Verwarnungen ausgesprochen, weil der Langzeitarbeitslose nicht bei einem angesetzten Termin im Jobcenter erschienen ist. Bei diesem Regelverstoß wird bei erwachsenen Langzeitarbeitslosen der Regelsatz von derzeit 391 Euro für drei Monate monatlich um zehn Prozent gekürzt. Bei allen anderen Regelverstößen wird der Regelsatz bei erstmaligem Auftreten um 30 Prozent gekürzt. Dies ist etwa der Fall, wenn sich der Langzeitarbeitslose weigert, die vereinbarte Zahl von Bewerbungen zu schreiben.

Ein Verstoß gegen die sogenannte Eingliederungsvereinbarung wurde 2013 knapp 115 000 Mal registriert. In knapp 130 000 Fällen weigerte sich der Betroffene, einen vorgeschlagenen Job aufzunehmen oder sich an einer Weiterbildung zu beteiligen. In 1348 Fällen stellten die Jobcenter fest, dass ein Hartz-IV-Empfänger bestehendes Vermögen verschleudert hat, um in den Genuss des steuerfinanzierten Hartz-IV zu kommen.

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