Kommentar zu Katars Hilfe für Ankara Neue Zeiten

Meinung · Durch die Geldspritze aus Katar gewinnt der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan Zeit. Die Probleme des Landes löst er auf diese Weise allerdings nicht, meint GA-Autorin Susanne Güsten.

Mal eben so 15 Milliarden Dollar. Der superreiche Emir von Katar, Tamim bin Hamad al Thani, hilft seinem bedrängten Freund, dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, mit einem Investitionspaket der Superlative aus der Patsche. Doch das Geschenk des Emirs ist kein Geschenk des Himmels für die Türkei. Das Geld könnte der Regierung in Ankara dazu dienen, längst überfällige Reformen weiter zu verschleppen. Und das würde die türkische Wirtschaft vermutlich noch viel härter treffen als die derzeitigen Währungsturbulenzen.

Die türkische Regierung sollte die Unabhängigkeit der Zentralbank und Zinserhöhungen zulassen, staatliche Gelder sparen und auf Megaprojekte wie den neuen Bosporus-Kanal bei Istanbul verzichten. Erdogan aber vermeidet einen Kurswechsel vor allem aus einem Grund: Er ist bisher mit seiner Methode, unter anderem mit großen Bauprojekten viele Arbeitsplätze zu schaffen, sehr gut gefahren. In den Zeiten des billigen Geldes war es für die Türkei einfach, sich die dafür nötigen Mittel zu verschaffen. Diese Zeiten sind vorbei, doch Erdogan will weitermachen wie bisher.

Der türkische Präsident tut das, was viele Politiker in einer solchen Situation tun würden: Er versucht, Zeit zu gewinnen. Der Streit mit den USA um die Inhaftierung eines amerikanischen Pastors gibt ihm die Chance, Washington die Verantwortung für die wirtschaftlichen Probleme der Türkei zuzuschieben. Doch ewig kann Erdogan dieses Spiel nicht spielen. Wenn er eine schlimme Krise für sein Land verhindern will, muss er jetzt über seinen Schatten springen.

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