Mordfall Kashoggi Neuer Druck auf Saudi-Arabien

Istanbul · Riad gerät im Fall des ermordeten Journalisten Jamal Khashoggi wegen einem UN-Bericht und US-Geheimdiensterkenntnissen erneut unter Druck. Dabei sah es so aus, als hätte Saudi-Arabien das Problem erfolgreich ausgesessen.

 Der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman.

Der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman.

Foto: picture alliance/dpa

Hatice Cengiz will nicht aufgeben. Vier Monate nach dem Mord an ihrem Verlobten, dem saudischen Dissidenten und Journalisten Jamal Khashoggi, dringt die 37-jährige Türkin weiter darauf, dass die Täter bestraft werden. Doch der Mord war zur Genugtuung Saudi-Arabiens zuletzt fast in Vergessenheit geraten. Doch ein UN-Untersuchungsbericht und Erkenntnisse amerikanischer Geheimdienste setzen das Königreich jetzt unter neuen Druck.

Cengiz begleitete Khashoggi am 2. Oktober vergangenen Jahres zum saudischen Konsulat in Istanbul, wo er Papiere für ihre Hochzeit abholen wollte. Als er nicht zurückkam, alarmierte sie die türkische Regierung. Nach langem Zögern räumte Saudi-Arabien schließlich ein, dass der 59-jährige im Konsulat getötet wurde.

Vor wenigen Tagen sprach Cengiz mit der UN-Sonderberichterstatterin Agnes Callamard. Die französische Menschenrechtlerin, bei der UNO zuständig für außergerichtliche Hinrichtungen, war zusammen mit einer Juristin, einem Forensiker, und einem Experten für Strafermittlungen nach Istanbul gekommen, um sich die Beweislage im Fall Khashoggi anzusehen.

Verbrechen verschleiert, Aufklärung verhindert?

Callamards Bilanz lässt keinen Zweifel: „Herr Khashoggi war das Opfer eines brutalen und vorsätzlichen Tötungsdeliktes, das von Vertretern des Staates Saudi-Arabien sowie anderen unter ihrer Anleitung geplant und ausgeführt wurde“, schrieb sie in ihrem nun veröffentlichten Bericht. Die UN-Expertin wirft der saudischen Regierung zudem vor, das Verbrechen verschleiert und damit die Aufklärung der Tat erheblich behindert und unterminiert zu haben.

Callamards Urteil ist nicht neu, stellt aber die erste offizielle Beschuldigung Saudi-Arabiens durch die Weltorganisation dar. Riad spricht von einer illegalen Aktion von Untergebenen des Kronprinzen Mohammed bin Salman; der Thronfolger selbst habe nichts davon gewusst.

Auch ein Bericht der „New York Times“ erschüttert die saudische These, wonach der Kronprinz, häufig MBS genannt, keinerlei Verbindung zu dem Mord gehabt haben soll. Der Zeitung zufolge hörten US-Geheimdienstler ein Jahr vor dem Verbrechen ein Telefonat von MBS ab, in dem dieser Khashoggi mit dem Tode drohte. Damals soll MBS einem Mitarbeiter gesagt haben, Khashoggi solle zur Rückkehr nach Saudi-Arabien bewegt oder gewaltsam zurückgebracht werden. Falls das nicht funktioniere, werde er Khashoggi „mit einer Kugel“ erledigen.

Vor allem wegen des wachsenden Unmuts in den USA könnte das Mauern der Saudis im Fall Khashoggi politische Folgen haben. Bisher hält Präsident Donald Trump noch seine schützende Hand über den Thronfolger. Im Senat in Washington will eine parteiübergreifende Initiative aber die Lieferung von Panzern, Kampfflugzeugen und Munition an Saudi-Arabien verbieten, um Trump zu einer härteren Haltung zu zwingen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort