Neuer iranischer Präsident Ruhani überrascht Juden

Tel Aviv/Teheran · Neue Töne aus Teheran: Der iranische Präsident Hassan Ruhani hat in einer ungewöhnlichen Botschaft allen Juden zum Neujahrsfest die besten Wünsche ausgesprochen.

 Das erklärte Hauptziel des iranischen Präsidenten Ruhani ist die Versöhnung mit dem Westen. Foto: Abedin Taherkenareh

Das erklärte Hauptziel des iranischen Präsidenten Ruhani ist die Versöhnung mit dem Westen. Foto: Abedin Taherkenareh

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"Während die Sonne hier in Teheran untergeht, wünsche ich allen Juden, besonders den iranischen Juden, ein gesegnetes Rosch Haschana", hieß es zu dem am Donnerstag beginnenden Neujahrsfest im Twitter-Account des Präsidenten. Der Iran und Israel stehen sich ansonsten nicht nur im Streit um Teherans Atomprogramm unversöhnlich gegenüber. Das offizielle Israel schwieg zunächst und die Medien rätselten, was Ruhani beabsichtigt.

Es war nicht klar, ob Ruhani selbst den Gruß verfasst hat. Einer seiner Berater sagte, der Präsident selbst habe keinen Twitter-Account. Über die Tatsache, dass ein Vertrauter Ruhanis schon seit Monaten im Namen und mit der Genehmigung des Präsidenten fleißig twittert, sagte der Berater nichts. Kurz nach dem Ruhani zugeschriebenen Gruß-Tweet meldete sich auch sein Außenminister Mohammed Dschawad Sarif etwas knapper auf Twitter zu Wort: "Happy Rosch Haschana".

Dass der als gemäßigt bezeichnete Präsident ausdrücklich "alle Juden" erwähnte, stellt auf jeden Fall einen deutlichen Wandel im Vergleich zu seinem Vorgänger Mahmud Ahmadinedschad dar. Der hatte Israel als "Krebsgeschwür" bezeichnet. Zudem forderte Ahmadinedschad, der jüdische Staat müsse von der Landkarte "ausradiert" werden. Zudem hatte er wiederholt den Holocaust geleugnet.

Für den Iran-Experten Ras Simt von der Universität Tel Aviv sind Ruhanis freundliche Worte nicht nur eine leere Geste. "Der Iran hat immer darauf bestanden, dass er zwischen Judentum und Zionismus unterscheide und seine Politik anti-zionistisch sei", zitierte ihn die Zeitung "Haaretz" Simt. Aber der Neujahrsgruß sei Ausdruck des Bemühens um eine andere Sprache und Atmosphäre sowie Mäßigung im Umgang mit dem Westen. Einen Rückschluss auf eine grundlegende Änderung der Politik Teherans gegenüber dem Westen und Israel erlaube ein Neujahrsgruß jedoch nicht.

Beobachter in Teheran schlossen nicht aus, dass es sich bei den englischsprachigen Tweets Ruhanis und seines Außenministers auch einfach nur um einen geschickten politischen Schachzug handeln könnte. Ruhani punkte mit Twitter im Ausland, während seine Kritiker im Inland die Botschaften wie zum Beispiel die Glückwünsche an "alle Juden" nicht oder erst sehr spät bemerken würden.

Das jüdische Neujahrsfest Rosch Haschana (Kopf des Jahres) wird an den ersten zwei Tagen des Monats Tischri im jüdischen Kalender gefeiert, 2013 am 5. und 6. September. Für Juden beginnen damit das Jahr 5774. Rosch Haschana erinnert an den Bund zwischen Gott und Israel.

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