NRW-Check NRW-Bürger fordern schärfere Corona-Maßnahmen

Exklusiv · Knapp zwei Drittel der Menschen in NRW sprechen sich für einen Lockdown aus, sollten die Infektionszahlen weiter steigen. Auch eine Impfpflicht findet große Zustimmung, wie der „NRW-Check“ der Tageszeitungen zeigt.

 Knapp zwei Drittel der Menschen in NRW sprechen sich für einen Lockdown aus, sollten die Infektionszahlen weiter steigen.

Knapp zwei Drittel der Menschen in NRW sprechen sich für einen Lockdown aus, sollten die Infektionszahlen weiter steigen.

Foto: dpa/Marcus Brandt

2G-Regeln für den Handel und Freizeitaktivitäten, Schwerpunktkontrollen in Bussen und Bahnen, dazu lange Schlangen vor den Impfstellen - die Corona-Pandemie ist für die Menschen in NRW auch knapp zwei Jahre nach den ersten bekannt gewordenen Fällen im chinesischen Wuhan allgegenwärtig. Hinzu kommen angesichts der sich nun ausbreitenden Omikron-Variante hitzige Diskussionen über einen neuerlichen Lockdown vor oder nach Weihnachten sowie der politische Streit über eine flächendeckende Impfpflicht.

Kein anderes Problem wird von der Bevölkerung als dringlicher wahrgenommen, das belegt eindrücklich der „NRW-Check“, eine vierteilige Umfrage der nordrhein-westfälischen Tageszeitungen vor der Landtagswahl im Frühjahr 2022. Das Meinungsforschungsinstitut Forsa hat dafür 2009 Wahlberechtigte in NRW zu verschiedenen Themen befragt.

NRW-Check: 63 Prozent der Befragten gehen Corona-Maßnahmen nicht weit genug

Zwei Drittel der Befragten nannten die Corona-Pandemie allgemein als das derzeit größte Problem – deutlich vor Bildung und Verkehr (je 14 Prozent) sowie dem Klimawandel (13 Prozent). Die speziell zur Bekämpfung der Pandemie beschlossenen Beschränkungen wie etwa die Maskenpflicht, Weihnachtsmarktschließungen oder Kontaktbeschränkungen wurden dagegen nur von sieben Prozent genannt. Sechs Prozent der Befragten führten die Organisation der Corona-Impfungen an, etwa die Vorbereitung und Durchführung der Kampagne sowie die Impfstoff-Knappheit. Die Sorge vor Corona-Leugnern, Impfgegnern und Querdenkern hielt sich in Grenzen und wurde von fünf Prozent der Befragten genannt. Genauso häufig wurden die Zögerlichkeit bei den getroffenen Corona-Maßnahmen erwähnt.

Das große Problembewusstsein der Bürger führt dazu, dass schärfere Maßnahmen eine hohe Akzeptanz erfahren, ja geradezu eingefordert werden: 63 Prozent der Befragten gaben an, die in NRW getroffenen Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie gingen ihnen nicht weit genug. 18 Prozent halten sie dagegen für angemessen, 15 Prozent schätzen sie als zu weitreichend an. Wenig überraschend ist die einzige Gruppe, die die Maßnahmen zur Corona-Bekämpfung in NRW nicht für unzureichend hält, die der Anhänger der AfD, denen die Maßnahmen stattdessen mehrheitlich zu weit gehen.

63 Prozent der Bürger in Nordrhein-Westfalen halten einen Lockdown mit Schließung von Geschäften und Freizeiteinrichtungen, Ausgangs-und Kontaktbeschränkungen für alle Bürger und ein Verbot größerer Veranstaltungen für richtig. Dies jedoch nur für den Fall, dass die Infektionszahlen weiter steigen sollten. Am Mittwoch ging die Zahl der Neuinfizierten je 100.000 Einwohner in einer Woche stark zurück: Das Landeszentrum für Gesundheit registrierte 255,4 – das waren 12,5 weniger als noch am Vortag. Ein Drittel der befragten Wähler lehnt einen Lockdown auch im Falle erneut steigender Infektionszahlen ab. Vergleichsweise am größten sind die Vorbehalte gegen einen generellen Lockdown bei den Bewohnern im Sauer- und Siegerland, den Arbeitern, den Selbstständigen sowie den Anhängern der FDP und vor allem der AfD.

Diese Haltung zu schärferen Maßnahmen gegen die Pandemie zeigt sich auch an anderer Stelle: Noch bis Jahresende soll der Ethikrat eine Empfehlung zu einer allgemeinen Impfpflicht abgegeben, der Bundestag dann ohne Fraktionszwang über deren Einführung entscheiden. Die NRW-Bürger sind mit ganz großer Mehrheit für eine solche allgemeine Impfpflicht. 73 Prozent der Bürger in Nordrhein-Westfalen wollen sie. Nur 24 Prozent sind dagegen.

Ablehnung der Impfpflicht im Münsterland ab höchsten

Auffällig ist, dass etwa im Münsterland die Zurückhaltung bei dem Thema größer ist. Dort sprachen sich mit 30 Prozent der Befragten von allen Regionen in NRW deutlich mehr Menschen gegen eine Impfpflicht aus. Eine mögliche Erklärung könnte sein, dass die Impfkampagne im Münsterland auch ohne einen Zwang gut vorankommt. So hatte erst jüngst das kreisscharfe Impfmonitoring der nordrhein-westfälischen Landesregierung belegt, dass die Kreise Borken, Coesfeld und Steinfurt in der ersten Dezemberwoche deutlich über der landesweiten Impfquote lagen.

Da mit steigendem Alter das Risiko eines schweren Krankheitsverlaufs steigt, ist es nicht weiter verwunderlich, dass die älteren Semester sehr viel klarer für eine Impfpflicht sind: 87 Prozent der Menschen über 60 Jahre hielten sie für angemessen, nur zehn Prozent lehnen sie ab.

Die bereits auf den Weg gebrachte Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen hat noch deutlich mehr Rückhalt in der Bevölkerung. 78 Prozent begrüßen dementsprechend das Vorhaben, mit dem Patienten und Pflegebedürftige besser vor einer Covid-19-Infektion geschützt werden sollen. Beschäftigte in Einrichtungen des Gesundheits- und Pflegebereichs müssen künftig nachweisen, dass sie geimpft oder genesen sind oder aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden Ein entsprechendes Gesetz hatten Bundestag und Bundesrat am vergangenen Freitag verabschiedet. Weniger als ein Fünftel (17 Prozent) lehnte eine solche berufsbezogene Impfpflicht ab.

NRW-Check: Zwei Drittel halten Aufhebung der Maskenpflicht an Schulen für falsch

Eine Maßnahme, die ebenfalls schon wieder greift, ist die Maskenpflicht im Unterricht. Die Landesregierung hatte diese erst am 2. Dezember wieder in Kraft gesetzt. Vorausgegangen war massive Kritik aus den Reihen der Opposition, von Schülern, Lehrern und Eltern. Mit der Wiederbelebung der Maskenpflicht entspricht Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) im Übrigen auch dem Mehrheitswillen der Bevölkerung: Zwei Drittel der Bürger in Nordrhein-Westfalen halten die Aufhebung der Maskenpflicht an den Schulen für falsch. Nur 26 Prozent beurteilten diese Maßnahme richtig. Auch in dieser Frage äußerten mehrheitlich nur die Anhänger der AfD eine andere Meinung.

Umtreiben muss die Landespolitiker jedweder Couleur, dass ihnen grundsätzlich wenig Problemlösungskompetenz zugetraut wird. Mehr als die Hälfte sieht keine Partei dazu in der Lage, mit den Problemen des Landes fertig zu werden.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Der Kaiser ist nackt
Kommentar zu Donald Trump Der Kaiser ist nackt
Zum Thema
Um die Pandemie und besonders die
„Die Impfpflicht ist unausweichlich“
Interview mit dem Ärztlichen Direktor im Bonner Johanniter-Krankenhaus„Die Impfpflicht ist unausweichlich“
Harte Antwort
Kommentar zur Gewalt der Anti-Corona-Proteste Harte Antwort
Aus dem Ressort
Vom Mahner zum Macher?
Kommentar zu Erwartungen an Lauterbach Vom Mahner zum Macher?