Wahlnachlese NRW-CDU verzichtet auf Scherbengericht über Röttgen
DÜSSELDORF · Die Kreisvorsitzenden üben sich in einer Analyse: Verkorkster Wahlkampf und zu schnelle Entscheidung für Doppelspitze.
Nach dem CDU-Desaster in NRW bleibt das erwartete Scherbengericht bei der Wahlnachlese der Kreisvorsitzenden aus. "Über die Schuldfrage sind wir hinaus", stellt ein Rheinländer klar. In der Parteizentrale hat der zurückgetretene Landeschef Norbert Röttgen vorher offen Fehler eingeräumt. Die Frage, ob er in jedem Fall nach Düsseldorf wechsle, habe den Wahlkampf belastet. Viele an der CDU-Basis sind wütend über den verkorksten Landtagswahlkampf und die schnelle Doppelspitze.
Die rund 30 angereisten Kreisvorsitzenden verzichten aber auf persönliche Anfeindungen und debattieren sachlich über die zahlreichen Pannen im Wahlkampf. Plakate, Kampagne und Themenauswahl werden kritisiert. Mehrfach warnen Kreischefs vor einer Selbstzerfleischung der CDU. Nur Geschlossenheit führe aus der Depression. Gregor Golland aus dem Rhein-Erft-Kreis verlangt eine umfassende Wahlanalyse nach dem Landesparteitag Ende Juni.
Viele Kreischefs wie Theo Kruse aus Olpe hatten Probleme, die eigenen Leute im Wahlkampf zu motivieren, weil Röttgen sich nicht ohne Wenn und Aber auf NRW festgelegt hatte. Der Kreisvorsitzende aus Gelsenkirchen, Guido Tann, kritisiert vor Kameras, dass die Doppelspitze mit Armin Laschet (Partei) und Karl-Josef Laumann (Fraktion) ohne Rücksprache mit der Basis vereinbart wurde. Der Landeschef der Jungen Union, Sven Volmering, fordert mehr junge Leute in der neuen Führungsmannschaft.
Einzelne Kreischefs halten die geplante Doppelspitze in Partei und Fraktion für einen faulen Kompromiss. Hinter vorgehaltener Hand ist sogar von einer "Übergangslösung" die Rede - in der Aussprache sagt das aber keiner. Die meisten sind froh, dass ein Hauen und Stechen zwischen Laumann und Laschet durch die Ämterteilung vermieden wurde.
Bei der Vorstellung seiner Pläne lässt sich der künftige CDU-Landeschef Laschet nicht in die Karten schauen, wer neuer General werden soll. Laschet will die NRW-CDU wieder kampagnefähig machen und ihr mehr Wirtschaftsprofil verordnen.
Gleichzeitig muss er die Kosten der mit vier Millionen Euro in der Kreide stehenden Landespartei senken. Auch die 54 Geschäftsstellen wird es treffen. Die Kritik an der Wahlpleite macht die Basis an Röttgen fest. Der löst intern Unverständnis aus mit der Bemerkung, dass man für seine Überzeugungen auch mal eine Wahl verlieren dürfe.