Nadja Lüders NSU-Untersuchungsausschuss-Vorsitzende vertrat einen Neonazi

DÜSSELDORF · Die Vorsitzende im NSU-Untersuchungsausschuss in NRW, Nadja Lüders, gerät wegen der früheren anwaltlichen Vertretung eines Rechtsextremisten unter Druck.

 Nadja Lüders.

Nadja Lüders.

Foto: dpa

Lüders hatte 1999 den mehrfach vorbestraften Neonazi Michael Berger in einer Kündigungsschutzklage vor Gericht vertreten. Am 14. Juni 2000 erschoss Berger auf der Flucht drei Polizisten in Dortmund und Waltrop und tötete sich selbst. Lüders sieht aber keinen Grund für einen Rücktritt vom Ausschussvorsitz, weil die Klage "keinerlei politischen oder gar rechtsextremistischen Hintergrund hatte".

In der CDU-Opposition fragt sich der Obmann im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA), Peter Biesenbach, allerdings, warum die 44-jährige Sozialdemokratin vor ihrer Berufung zur Vorsitzenden nur den SPD-Fraktionsvorstand über den "Fall Berger" informierte, die Obleute der anderen Parteien aber nicht.

Erst als in den Akten für den NSU-Ausschuss plötzlich ihr eigener Mädchenname auftauchte, wurden die anderen Fraktionen am vergangenen Freitag unterrichtet. Berger hatte ausgerechnet die Visitenkarte von Lüders Dortmunder Anwaltskanzlei in seinem Geldbeutel, als er starb. CDU-Landeschef Armin Laschet fragte: "Ist das normal?"

Nach Angaben von Lüders war Berger 1999 einer der ersten Mandanten der Dortmunderin. Damals habe sie nicht gewusst, dass der 31-Jährige ein stadtbekannter Rechtsradikaler war. Als Berger uneingeladen zur Einweihungsparty ihrer Kanzlei erschien, trug er nach Angaben von Gästen einen Ring mit einem Hakenkreuz. Ihr selbst sei das nicht aufgefallen, sagte Lüders. Danach verlor sie Berger nach eigenen Angaben aus den Augen - bis es zum Mord an den Polizisten kam.

Nach Angaben aus Sicherheitskreisen hatte Neonazi Berger allerdings keine Kontakte zum Nationalsozialistischen Untergrund (NSU). Berger war Mitglied der rechtsextremistischen Republikaner und der Deutschen Volksunion (DVU).

Gerüchte, Berger sei ein V-Mann des Staatsschutzes gewesen, wiesen die NRW-Behörden entschieden zurück. Im Zusammenhang mit den bundesweiten NSU-Morden hatten aber immer wieder Berichte über geschredderte und verschwundene Akten und Verfolgungspannen den Verdacht genährt, dass der NSU über Verbindungen in die Behörden verfügt haben könnte.

Erst 2011 war der NSU nach jahrelangem Versagen der Sicherheitsbehörden aufgeflogen. Der CDU-Obmann verlangte deshalb, dass im Fall Lüders "jeder Verdacht bei denen ausgeräumt wird, die glauben, dass die Behörden gar nicht aufklären wollten".

Lüders wehrte sich gegen Vorwürfe. "Ich bin mir keiner Schuld bewusst", stellte die PUA-Chefin gestern im Landtag klar. "Ich sehe auch keine Befangenheit." Bisher gibt es nur eine Rücktrittsforderung der außerparlamentarischen Partei "Die Linke". Der Piraten-Abgeordnete Daniel Düngel kritisierte aber, dass eine frühere Aufklärung "gut gewesen" wäre. Für Lüders hat der Vorgang um Berger "aber nichts mit den im Ausschuss zu untersuchenden Vorgängen zu tun".

Allerdings will sich der Ausschuss den Fall des Dreifachmörders vornehmen und untersuchen, ob der Täter Kontakt zu den NSU-Rechtsextremisten hatte. Dabei prüft der PUA, ob dem NSU bei seinen Morden ein rechtsextremes Netzwerk zur Seite stand. In Dortmund hatten die NSU-Terroristen 2006 den Kioskbesitzer Mehmet Kubasik erschossen.

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