Frühjahrsprognose in der EU Nur acht Länder können wachsen

BRÜSSEL · Europa ist auf dem besten Weg zu einer wirtschaftlichen Krisenzone. Noch vor drei Monaten hatte die EU-Kommission wenigstens mit einem minimalen Wachstum der 27 Mitgliedstaaten von 0,1 Prozent gerechnet. Doch die Frühjahrsprognose der EU, die am Freitag in Brüssel vorgestellt wurde, zeigt: Nicht einmal das ist zu schaffen.

Die Wirtschaftsleistung schrumpft um 0,1 Prozent, innerhalb des Euro-Raums sogar um 0,4 Prozent. Nur acht Länder - darunter Deutschland - können 2013 wachsen: Für die Bundesrepublik ist nach den Vorhersagen von Währungskommissar Olli Rehn ein magerer Zuwachs von 0,4 Prozent drin. Zwar werde sich im zweiten Halbjahr 2013 die Lage bessern. 2014 sei sogar für alle Mitgliedstaaten ein leichtes Plus von 1,4 Prozent (Euro-Raum 1,2) möglich. Doch auch da musste Brüssel zurückstecken: Ursprünglich war man von einem leicht höheren Wachstum ausgegangen.

Damit versinkt die Union in einem fatalen Zirkel aus miserablen ökonomischen Perspektiven, die im Wesentlichen vom Export getragen werden, und Verunsicherung der Verbraucher, die ihr Geld lieber zur Seite legen statt zu konsumieren. Das sei verständlich, betonte Rehn.

Denn die ohnehin dürftigen ökonomischen Rahmendaten gehen am Arbeitsmarkt auch noch vorbei. Mit erschreckenden Ergebnissen: Die hohen Arbeitslosen-Zahlen (11,1 Prozent in der EU, 12,2 Prozent in der Euro-Zone) verändern sich nur wenig. In Spanien werden in diesem Jahr 27 Prozent ohne Beschäftigung sein (2014: 26,4 Prozent). Griechenlands Quote sinkt auch nur wenig von 27 auf 26 Prozent. Zypern muss sogar einen Anstieg von 15,5 auf 16,9 Prozent verkraften.

Portugal kommt mit 18,2 in diesem und 18,5 Prozent im nächsten Jahr nicht vom Fleck. In Italien ist ebenfalls keine Wende zum Besseren erkennbar (11,8 bzw. 12,2 Prozent). Da steht die Bundesrepublik mit derzeit 5,4 und 2014 dann 5,3 Prozent noch vergleichsweise paradiesisch da.

Die Schwierigkeiten erfassen immer mehr große Staaten. Frankreich habe "mit viel zu optimistischen Schätzungen seiner Leistungskraft" operiert, betonte Rehn in Brüssel. Jetzt müsse Paris seine Neuverschuldung in diesem Jahr um 3,9 Prozent und 2014 um 4,2 Prozent erhöhen.

Deshalb habe sich die Kommission entschlossen, der Regierung Hollande bis 2015 und damit zwei Jahre mehr Zeit zu geben, um einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen. Spanien muss die Zielmarke von höchstens drei Prozent sogar erst 2016 schaffen - derzeit liegt das Land bei 6,5 Prozent, sieben werden es im kommenden Jahr sein. Die Niederlande brauchen ebenfalls bis 2014 und damit ein Jahr länger, um wieder einen stabilen Haushalt schaffen zu können. Sogar der polnische Etat läuft mit 3,9 bzw. 4,1 Prozent aus dem Ruder. Kroatien, ab 1. Juli Vollmitglied der Union, reißt mit seinen ökonomischen Daten alle EU-Vorgaben.

Dennoch mühte sich Kommissar Rehn, eine positive Nachricht nicht untergehen zu lassen. Die gibt es tatsächlich. Angesichts zurückgehender Energiepreise in der EU sinkt die Inflationsrate kontinuierlich und liegt derzeit bei 1,8 (2014: 1,7) Prozent.

Lediglich in Großbritannien (plus 2,5 Prozent) sowie Rumänien (plus 3,1 Prozent) gebe es Grund zu Sorge. Allerdings werde auch ein "Musterland wie Deutschland" noch einiges tun müssen, hieß es am Freitag in Brüssel: "Die Überschuss-Staaten sollten ihre Strukturhindernisse abbauen, um die Binnennachfrage zu stützen."

Was das konkret heißt, wird die Bundesregierung in den Einzelempfehlungen für jedes Land, die die Kommission Ende des Monats herausgibt, nachlesen können: Höhere Lohnabschlüsse sollen her, damit die Bundesbürger wieder mehr konsumieren.

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