Obama fordert Waffenstillstand

WASHINGTON · US-Präsident warnt vor voreiligen Schlüssen: "Wir müssen die Fakten abwarten.

US-Geheimdienste gehen davon aus, dass von Moskau unterstützte pro-russische Separatisten das Passagierflugzeug der Malaysia Airlines über der Ukraine mit einer Boden-Luft-Rakete und möglicherweise russischer Hilfe abgeschossen haben.

Präsident Barack Obama macht sich diese Bewertung zu eigen, hält sich jedoch mit konkreten Schuldzuweisungen oder Strafandrohungen in Richtung Kreml und Präsident Wladimir Putin noch zurück. "300 unschuldige Menschen, Männer, Frauen, Kinder, ließen ihr Leben. Sie hatten nichts mit dem Konflikt in der Ukraine zu tun", sagte Obama gesterb vor Journalisten im Weißen Haus, und nannte den Vorgang eine "Schande unaussprechlicher Größe".

Obama warnte angesichts der Fülle von zurzeit gehandelten Informationen - mitgeschnittene Funk-Kontakte angeblicher Rebellen, Videoaufnahmen von Boden-Luft-Raketen-Geschützen und Plausibilitäts-Annahmen von Experten - vor voreiligen Schlüssen. "Wir müssen die Fakten abwarten." Darum müsse eine "umfassende, glaubwürdige, störungsfreie und internationale Untersuchung" unverzüglich einsetzen. Dazu müssten alle Beteiligten in der Ukraine einen Waffenstillstand verfügen und sicherstellen, dass an der Unglücksstelle kein Beweismaterial vernichtet wird.

Obama ließ allerdings keinen Zweifel daran, dass er Moskau als den entscheidenden Verursacher der prekären Verhältnisse in der Ukraine ansieht, in denen sich die Katastrophe ereignet hat. Pro-russische Separatisten, die von Moskau in einem "ständigen Fluss" mit Waffen, Material und Training unterstützt würden, hätten bereits in der Vergangenheit zwei Flugzeuge abgeschossen, einen Transporter und eine Helikopter. "Wir haben die wachsende Überzeugung", dass auch im vorliegenden Fall Separatisten die Verursacher waren, sagte Obama. Zuvor hatte Samantha Power, US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, sogar erklärt: "Wir können nicht ausschließen, dass russisches Personal beim Betrieb dieser Systeme geholfen hat."

Obama bezeichnete die Katastrophe als "globale Tragödie im europäischen Luftraum", die von den europäischen Staaten als "Weckruf" verstanden werden müsse.

Was die möglichen Konsequenzen der Flugzeug-Katastrophe angeht, gehen die Lesarten in den USA auseinander. Obama werde dadurch "weitaus bessere Argumente" haben, die Europäische Union auf einen härteren Sanktionskurs gegen Russland einzuschwören, sagten demokratische Abgeordnete im Kongress. Pro-ukrainische Positionen würden durch das Unglück, das allein durch die Passagierliste internationale Dimensionen bekommt, leichter zu vertreten sein. Skeptiker in Washington glauben dagegen nicht, dass etwa das auf Gasimporte aus Russland angewiesene Deutschland den Bruch mit Moskau riskiert und sektoralen Wirtschaftssanktionen gegen Russland das Wort redet.

Putins Verhalten hat in den USA Irritationen ausgelöst. Noch am Donnerstag wies er der Ukraine, die ihren Luftraum nicht hinreichend schützen könne, die pauschale Verantwortung für die Tragödie zu. Gestern warb Putin für einen Waffenstillstand in der Ukraine und für schnelle Friedensgespräche.

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