Obama will mehr abrüsten und Freundschaft mit Deutschland stärken

Berlin · Ein Vierteljahrhundert nach dem Fall der Berliner Mauer und dem Ende des Kalten Krieges will US-Präsident Barack Obama der atomaren Abrüstung neuen Schub verleihen.

 US-Präsident Barack Obama hält vor dem Brandenburger Tor eine Rede. Fast auf den Tag genau vor 50 Jahren sagte John F. Kennedy am Schöneberger Rathaus den berühmten Satz "Ich bin ein Berliner". Foto: Hannibal

US-Präsident Barack Obama hält vor dem Brandenburger Tor eine Rede. Fast auf den Tag genau vor 50 Jahren sagte John F. Kennedy am Schöneberger Rathaus den berühmten Satz "Ich bin ein Berliner". Foto: Hannibal

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Die Sicherheit der USA und ihrer Verbündeter könne auch bei einer Reduzierung der Zahl der Atomsprengköpfe um bis zu einem Drittel sichergestellt werden, sagte er am Mittwoch in Berlin. Obama bot Russlands Präsident Wladimir Putin an, über die Verringerung taktischer Atomwaffen zu verhandeln. Doch Moskau will vorerst nicht mitziehen.

Bei seiner mit Spannung erwarteten Rede vor dem Brandenburger Tor beschwor Obama wie Kanzlerin Angela Merkel die transatlantische Partnerschaft für Demokratie, Gerechtigkeit und wirtschaftlichen Wohlstand weltweit. Zum Abschluss der 25-Stunden-Visite bezeichnete Merkel die deutsch-amerikanische Freundschaft bei einem Abendessen als wichtige Grundlage zur Lösung globaler Sicherheits-, Umwelt- und Wirtschaftsprobleme. "Die Freundschaft zwischen unseren Ländern ist eng und sie ist unverbrüchlich", sagte sie.

[kein Linktext vorhanden]Auch lange nach dem Ende des Kalten Krieges bleibe viel zu tun, sagte die Kanzlerin und erwähnte die Regulierung der Finanzmärkte, den Klimaschutz, den Kampf gegen die nukleare Gefahr und den Einsatz in Krisengebieten. "Auch unsere Generation hat vieles zu tun. Und das werden wir wieder gemeinsam lösen." Obama würdigte den Werdegang Merkels, die in der damaligen DDR aufgewachsen war. "Man muss seinen Jugendträumen treu bleiben. Das ist genau das, was Du geschafft hast." Im Anschluss wollte Obama zurück nach Washington fliegen.

Mit seinem Abrüstungsvorstoß knüpfte Obama an seine Prager Rede von 2009 an, als er seine Vision einer atomwaffenfreien Welt formuliert hatte. Kremlchef Putin entgegnete nach Angaben der Agentur Ria Nowosti in St. Petersburg: "Wir können nicht zulassen, dass das Gleichgewicht im System der strategischen Abschreckung gestört und die Wirksamkeit unserer Atomwaffenkräfte gemindert werden."

Die nuklearen Ambitionen Nordkoreas und Irans müssten in Grenzen gehalten werden, forderte Obama. "Amerika wird 2016 einen Nuklearsicherheitsgipfel abhalten, um auch Spaltmaterial auf der ganzen Welt zu bannen", sagte er. "Wir werden einen internationalen Rahmen schaffen für die friedliche Nutzung der Kernkraft."

Bei großer Hitze und begleitet von starkem Applaus sicherte Obama zu, er werde seine Bemühungen verdoppeln, das Gefangenenlager Guantanamo zu schließen. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International demonstrierte am Rande des Besuchs gegen das Lager.

Obama verteidigte die Internet-Spähprogramme des US-Geheimdienstes: "Sie helfen dabei, Menschen in Amerika und andernorts zu schützen." Schon zuvor hatte der Präsident bei einer Pressekonferenz mit Merkel gesagt, mindestens 50 mögliche Anschläge seien durch diese Praxis vereitelt worden - nicht nur in den USA, sondern auch in Deutschland.

[kein Linktext vorhanden]Für die Weltwirtschaft sei das angestrebte Handelsabkommen zwischen den USA und Europa von großer Bedeutung, sagte Obama: "Davon profitieren alle." In seiner Rede betonte er, der gemeinsame Handel sei "Motor der globalen Wirtschaft". Merkel betonte, sie werde sich "mit aller Kraft" für das Abkommen einsetzen.

Der Präsident warnte vor den Risiken eines überzogenen Sparkurses. Alle Länder müssten den Schwerpunkt auf mehr Wachstum legen. Es dürfe nicht soweit kommen, dass angesichts der hohen Jugendarbeitslosigkeit eine ganze Generation verloren gehe. "Da müssen wir irgendwann auch unseren Ansatz ändern", sagte Obama nach seinem Gespräch mit Merkel. Die US-Regierung sieht den harten Sparkurs in der Euro-Zone seit langem kritisch und fordert mehr Impulse für Wirtschaftswachstum.

Der US-Präsident warb auch für einen engagierten Kampf gegen den Klimawandel. Die USA hätten ihren Anteil an erneuerbaren Energien verdoppelt. Obama sprach sich zudem für eine weitgehende rechtliche Gleichstellung von Homosexuellen und gegen jede Form der Diskriminierung aus.

Neben Merkel hatte Obama auch Bundespräsident Joachim Gauck getroffen. SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück sagte nach einem Gespräch mit dem US-Präsidenten, es gebe bei der Einschätzung der Finanzkrise viel Übereinstimmung. Es gehe um Haushaltssanierung, aber auch um Wachstumsimpulse. Obama habe deutlich gemacht, dass Europa für die USA nach wie vor wichtigster Partner sei.

Gegenüber Gauck und Merkel lobte der Präsident die internationale Rolle Deutschlands in Afghanistan und in der Eurokrise. Zur Lage in Syrien sagte Obama, es müsse gewährleistet werden, dass dort Chemiewaffen nicht zum Einsatz kommen. "Wir wollen einen Krieg beenden", betonte er.

Obama verteidigte die angekündigten Gespräche mit den afghanischen Taliban. Über die umstrittenen Drohnenangriffe der USA sagte er: "Ich kann bekräftigen, dass wir Deutschland nicht als Ausgangspunkt für unbemannte Drohnen verwenden." Deutsche Medien hatten berichtet, dass Drohnen-Angriffe in Somalia vom Afrika-Kommando der US-Streitkräfte in Stuttgart gesteuert werden.

Das Besuchsprogramm Obamas war von vielen Gesten der Freundschaft geprägt. Obama küsste Merkel zur Begrüßung auf die Wangen und legte ihr vertraut seine Hand auf den Rücken. Beide duzten sich. Mit Gauck präsentierte er sich Arm in Arm.

Der US-Präsident wurde von seiner Frau Michelle und den beiden Töchtern Sasha und Malia begleitet. Sie besichtigten das Denkmal für die ermordeten Juden Europas, das Mauer-Panorama des Künstlers Yadegar Asisi am Checkpoint Charlie und die Gedenkstätte Berliner Mauer in der Bernauer Straße. Dabei waren auch der Ehemann der Kanzlerin, Joachim Sauer, und Auma Obama, die ältere Halbschwester des US-Präsidenten.

Die Polizei zog eine erste positive Bilanz ihres Einsatzes mit bis zu 8000 Kräften. "Wir sind mit dem Verlauf bislang sehr zufrieden", sagte eine Polizeisprecherin. Neben einem Fehlalarm habe es kleinere Demonstrationen ohne große Zwischenfälle gegeben.

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