Kommentar zum Ministerrücktritt in London Paralysiert

Meinung | London · Die Affäre um sexuelle Belästigung durch britische Politiker zeigt, wie fragil die britische Demokratie ist. Die führenden Politiker des Landes sind durch und durch unseriös, meint unser Autor.

 Übergriffig: Sir Michael Fallon, nun Ex-Verteidigungsminister.

Übergriffig: Sir Michael Fallon, nun Ex-Verteidigungsminister.

Foto: dpa

Der wohl absurdeste Rücktritt eines Ministers: Besser als Julia Hartley-Brewer, die vor 15 Jahren vom späteren britischen Verteidigungsminister Michael Fallon am Knie berührte Journalistin, kann man den Sturz des konservativen Politikers nicht zusammenfassen. Wenn Fallon deswegen geht, warum darf dann jemand Staatssekretär bleiben, der einst seine Sekretärin Vibratoren kaufen ließ? Was ist mit dem Kabinettschef von Premierministerin Theresa May – und was mit den gleichfalls belasteten Labour-Granden?

Die Affäre um sexuelle Belästigung durch britische Politiker zeigt, wie dünn der Lack dieser ältesten parlamentarischen Demokratie der Welt ist. Oppositionsführer Jeremy Corbyn ist genauso wenig wie May fähig, in der eigenen Partei reinen Tisch zu machen. Es ist eine durch und durch unseriöse Politikerkaste, die da antritt, zentrale Zukunftsfragen rund um den britischen EU-Austritt zu beantworten.

Schon dessen Vorgeschichte mutet an wie eine Serie von Glücksspielen in einem britischen Herrenclub: Der Machtpoker bei den Konservativen führt zum Referendum, der heutige Außenminister Boris Johnson brilliert mit zynischen Essays, Labourchef Corbyn sieht in der EU ein Hindernis für seine sozialistischen Träume. Und nun befasst man sich damit, ob Fallon zu viel trinkt, und wann sich Mays konservative Gegner aus der Deckung wagen. Und immer noch mit Corbyns wirren Ideen. Während in den Brexit-Verhandlungen die Zeit verrinnt, zeigt sich die Opposition ebenso paralysiert wie die Regierung.

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