Kommentar zur neuen Strukturpolitik Politikwechsel

Meinung | Bonn · Das Programm der Bundesregierung markiert einen grundsätzlichen Richtungswechsel. Der Staat sollte jetzt aber nicht alte Fehler machen. Die Veränderung braucht kluge und moderne Konzepte, meint Helge Matthiesen.

Es geht nicht nur um die Frage, wie sich das langsame Ausbluten ganzer Landstriche aufhalten lässt. Das Programm der Bundesregierung markiert einen viel grundsätzlicheren Richtungswechsel. Der Staat übernimmt wieder mehr Verantwortung für die Strukturpolitik. Damit nimmt die Regierung Abschied von der Vorstellung, der Markt könnte alles richten.

Der Markt war nicht in der Lage, Arbeitsplätze überall im Land zu erhalten und damit die Abwanderung zu stoppen. Große Unternehmen schafften es außerdem nicht, allen Menschen überall Zugang zu moderner Kommunikationstechnik zu verschaffen. Staatsverächter in der Wirtschaft sollten mit Kritik und Hochmut künftig vorsichtiger sein. Am Ende muss es dann doch der Staat wieder richten.

Die gewaltigen Unterschiede zwischen Stadt und Land sind nämlich inzwischen eine Bedrohung für die Demokratie. Auf dem Land wächst der politische Frust und die Angst vor einer ungewissen Zukunft. Die Regierungen finden immer weniger Mittel, die völlig gegensätzlichen Problemlagen zu lösen. Der Wohnungsmangel ist ein gutes Beispiel.

Der Staat sollte jetzt aber nicht die gleichen Fehler machen, die einst zur Abkehr von der Strukturpolitik führten. Die Veränderung braucht kluge und moderne Konzepte, die mit Länder und Kommunen gemeinsam entwickelt werden. Wichtiger noch: Es muss für viele politische Fragen von der Energiewende über den Bau von Straßen bis zur Mietenpolitik eine Abschätzung her, wie ländliche Räume davon profitieren können oder wie Lasten sich gerechter verteilen lassen.

Und für Bonn wird es jetzt ganz schwierig: Neue Bundesbehörden und Forschungseinrichtungen werden nur noch in der Peripherie angesiedelt. Es wird Zeit, dass die Region ihren Bestand sichert.

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