Kommentar zur Ditib-Spitzelaffäre Politische Razzia

Meinung | Bonn · Mit den Durchsuchungen von Ditib-Moscheen zeigt der Staat Flagge. Es war höchste Zeit.

Wer zu spät durchsucht, dem kommt der Verdächtige abhanden. Kaum anzunehmen, dass die Bundesanwaltschaft das nicht bedacht hat, als sie nach monatelanger Debatte über die Spitzeltätigkeit türkischer Imame in Deutschland endlich Durchsuchungen anordnete. Natürlich sind die betroffenen Imame längst über alle Berge. Das hat der Moscheeverband Ditib ja schon eingeräumt, und das haben die Ermittler, das hat aber auch Bundesjustizminister Heiko Maas hingenommen.

Kritik daran ist wohlfeil. Gegen Geistliche zu ermitteln, die die Türkei wie Konsularbeamte führt, ist nicht nur eine juristische, sondern auch eine hochpolitische Entscheidung. Dass dies jetzt endlich geschieht, ist wichtiger als das absehbar magere Ergebnis der Razzien. Die Schlüsselfiguren der Affäre genießen als Diplomaten ohnehin Immunität. Den für die Ditib zuständigen Religionsattaché hat Ankara abgezogen, so wie man das in Spionageaffären eben handhabt.

Unser Staat dokumentiert mit den Durchsuchungen, wie sehr sich unser Verhältnis zum einst verlässlichen Partner Türkei geändert hat. Wir nehmen nicht mehr hin, was wir jahrzehntelang geduldet haben. Auf einmal erklärt auch der Verfassungsschutz: „So geht das nicht.“ Als ob nicht mindestens seit 1994 bekannt wäre, dass die Imame der türkischen Religionsbehörde Diyanet regelmäßig dem Geheimdienst MIT zu berichten haben. Und es wäre naiv anzunehmen, dass die Diyanet ihren Einfluss auf die Ditib jemals freiwillig aufgeben wird. Umso besser, dass sie jetzt gewarnt ist, den Bogen nicht zu überspannen.

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