Kommentar zum Prozess gegen Steudtner Positives Zeichen

Meinung · Mit der Prozesseröffnung gegen Steudtner hatte sich die Türkei weiter in die Ecke manövriert. Möglicherweise zog Ankara deshalb die Notbremse, kommentiert Susanne Güsten.

 Menschenrechtsaktivisten demonstrieren vor einem Gericht in Istanbul gegen den Prozess gegen elf Menschenrechtler, darunter auch der Deutsche Peter Steudtner.

Menschenrechtsaktivisten demonstrieren vor einem Gericht in Istanbul gegen den Prozess gegen elf Menschenrechtler, darunter auch der Deutsche Peter Steudtner.

Foto: dpa

Der Prozess gegen den Berliner Peter Steudtner und die anderen Menschenrechtler, der in der Türkei begann, war nicht nur schlimm für die Angeklagten, die seit Monaten in Untersuchungshaft sitzen. Das Verfahren war ein Armutszeugnis für den türkischen Staat, der Menschen einsperren lässt, die sich für andere einsetzen. Und er war eine schwere und völlig unnötige Belastung der deutsch-türkischen Beziehungen.

Die Absurdität der Vorwürfe gegen Steudtner und die anderen Angeklagten machte deutlich, was sich derzeit in der Türkei abspielt. Die Staatsgewalt geht gegen alle vor, die sich dem Verdacht aussetzen, nicht völlig auf Linie zu sein. Dabei reicht häufig eine Denunziation. Fakten sind Nebensache. Irgendwann wird ein solcher Fall zu einem Selbstläufer: Die Justiz will nicht zugeben, dass an ihren Vorwürfen nichts dran ist, und treibt selbst die aberwitzigsten Anklagen voran. Das Ergebnis ist ein Verfahren wie das gegen Steudtner, bei dem ein elektronisches System zur Erfassung von Auslandsdeutschen zu einem Spionagewerkzeug umgedeutet wird.

Mit der Prozesseröffnung gegen Steudtner hatte sich die Türkei weiter in die Ecke manövriert. Möglicherweise zog Ankara deshalb die Notbreme: Die Anklage beantragte seine Freilassung, das Gericht folgte dem. Steudtner darf heimkehren. Der Schluss liegt nahe, dass der Sinneswandel weniger mit einer juristischen Erleuchtung der Staatsanwälte zu tun hatte als mit politischen Fingerzeigen aus Ankara. Wie auch immer: Die Freilassung Steudtners ist ein erstes positives Zeichen nach lange eskalierenden Spannungen.

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