Angriff der Taliban Rückschlag in Afghanistan

BANGKOK · Die Nato erleidet die höchsten materiellen Verluste seit 2001: Der britische Prinz Harry ist bei einem Angriff der radikalislamischen Talibanmilizen auf sein Lager in Afghanistans Drogenprovinz Helmand ungeschoren davongekommen.

 Afghanen protestieren nach dem Tod von acht Frauen bei einem US-Luftangriff gegen vermeintliche Taliban-Kämpfer.

Afghanen protestieren nach dem Tod von acht Frauen bei einem US-Luftangriff gegen vermeintliche Taliban-Kämpfer.

Foto: dpa

Aber wie erst jetzt bekannt wurde, erlitt die Nato bei der Attacke am Wochenende die schwersten materiellen Verluste seit Beginn des Afghanistan-Einsatzes im Jahr 2001. Drei mit Schnellfeuergewehren, Bazookas und Selbstmordwesten bewaffnete Einheiten der "Gotteskrieger" überwanden die Verteidiger und zerstörten sechs den US-Marines gehörende Harrier-Senkrechtstarter. Zwei weitere wurden erheblich beschädigt, drei Tankstationen und mehrere Hangars gingen in Flammen auf.

"Der Angriff war gut geplant und hervorragend ausgeführt", beschreibt ein Militärexperte den Angriff, der von Freitagabend bis Samstagmorgen dauerte. "Und ihnen wurde wahrscheinlich von Leuten innerhalb des Lagers geholfen." Der Stützpunkt, den die Briten Camp Bastion und die USA Camp Leatherneck nennen, beherbergt mehr als 20.000 Militärs und ist einer der größten und wichtigsten Nato-Basen in Afghanistan.

Prinz Harry, der erst seit einigen Tagen als Teil der Besatzung eines Apache-Hubschraubers in dem Camp stationiert ist, war offenbar nicht das Ziel der Attacke. Die Taliban bezeichneten den Angriff auf Camp Bastion, der offenbar von langer Hand vorbereitet worden war, als Vergeltung für den anti-islamischen Film, der gegenwärtig weltweit für Unruhe sorgt.

Doch die Nato dürften die Hintergründe der Attacke besonders beunruhigen. Die Wahrscheinlichkeit, dass den Angreifern auf Camp Bastion durch Leute im Lager geholfen wurde, bringt zusätzliche Unruhe in das ohnehin angespannte Verhältnis zwischen ausländischen Militärs und ihren afghanischen Partnern.

Denn die Nato hat seit Wochen mit einer zunehmenden Zahl von Morden an ihrem Personal durch afghanische Polizisten und Soldaten zu tun. Erst am Sonntag mähte ein Polizist vier US-Soldaten nieder. Mittlerweile gehen laut offiziellen Angaben etwa 15 Prozent aller ausländischen Verluste auf das Konto solcher Morde. Nicht einmal die sogenannten "Guardian Angels" - bewaffnete "Schutzengel", die in Kantinen und Schlafräumen Wache halten - konnten die Welle der Anschläge stoppen.

Das wachsende Misstrauen zwischen Nato-Soldaten und ihren afghanischen Partnern droht die Ausbildung der einheimischen Sicherheitskräfte zu verzögern, die Voraussetzung für den Abzug westlicher Truppen im Jahr 2014 ist. Hinzu kommen die Fragezeichen, die angesichts der andauernden Fähigkeit der Taliban, mit spektakulären Aktionen dem westlichen Bündnis zumindest psychologisch empfindlich zuzusetzen, immer größer werden.

Ein weiteres Missgeschick fügte sich die Nato am Wochenende selbst zu. Bei einem Luftangriff auf eine vermeintliche Gruppe von Talibankämpfern tötete die Besatzung eines US-Jets mindestens acht Frauen, die am Sonntagmorgen Feuerholz sammelten. Der Zwischenfall wurde von Afghanistans Präsident Hamid Karsai heftig kritisiert.

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