Kommentar zum Glyphosat-Streit in der Koalition Schäbiges Spiel

Meinung | Berlin · Die rabiate Wende, die die SPD im Streit um den Einsatz von Glyphosat in der europäischen Landwirtschaft hingelegt hat, riecht nach Wahltaktik. Das streut Sand ins Regierunggetriebe.

 Umstrittenes Pflanzenschutzmittel: Demonstranten protestieren im März 2016 in Hamburg gegen den Einsatz von Glyphosat.

Umstrittenes Pflanzenschutzmittel: Demonstranten protestieren im März 2016 in Hamburg gegen den Einsatz von Glyphosat.

Foto: dpa

Es dauert fast noch fast anderthalb Jahre bis zur Bundestagswahl. Aber die SPD schaltet schon jetzt in den Wahlkampfmodus. Damit ist sie früh dran. Das ist in Ordnung, wo die Partei über die beste programmatische Aufstellung für den Wahlkampf und den aussichtsreichsten Kanzlerkandidaten nachdenkt. Es geht aber zu weit, wenn die Sozialdemokraten schon jetzt ihre wahltaktischen Überlegungen zur Richtschnur ihres Verhaltens in der Koalition machen. Das untergräbt die Voraussetzungen, um sachgerechte Entscheidungen zu treffen und streut Sand ins Regierungsgetriebe.

Die späte, schnelle und rabiate Wende, die die SPD im Streit um den Einsatz von Glyphosat in der europäischen Landwirtschaft hingelegt hat, riecht nach Wahltaktik. In der jüngsten Fraktionssitzung haben viele Parlamentarier gemosert; seither sind die SPD-Regierungsmitglieder beim Thema Glyphosat strenger als die WHO, strenger als die EU, strenger als der Koalitionspartner. Aber wenn die Sozialdemokraten ernsthaft überzeugt wären, dass der Einsatz des Pflanzengifts ein Krankheitsrisiko birgt und dass die Union den Gesundheitsschutz vernachlässigt, hätten sie früher den Aufstand proben und mindestens die Entlassung des zuständigen Ministers fordern müssen. Dann müsste die SPD sich allerdings auch bei anderen gesundheitlichen Risiken stärker vor die Bürger stellen – etwa bei den gefährlichen Stoffen, die massenhaft aus deutschen Auspuffen kommen. Aber da ist die SPD sehr leise. Es geht ihr eben weniger um echten Gesundheitsschutz als um die eigene Profilierung. Das ist schäbig.

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