Schäuble: Politik muss Zuwanderung besser erklären

Berlin · Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat unter dem Eindruck der islamfeindlichen "Pegida"-Demonstrationen die Politik aufgefordert, Sinn und Nutzen von Zuwanderung besser zu erklären.

 Schäuble: "Wo wir alle besser werden müssen, das ist beim Erklären der vielen Veränderungen im Alltag und in der Welt." Foto: Rainer Jensen

Schäuble: "Wo wir alle besser werden müssen, das ist beim Erklären der vielen Veränderungen im Alltag und in der Welt." Foto: Rainer Jensen

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Der "Bild"-Zeitung sagte Schäuble: "Wo wir alle besser werden müssen, das ist beim Erklären der vielen Veränderungen im Alltag und in der Welt." Schäuble meinte: "So wie uns nach dem Zweiten Weltkrieg Millionen Flüchtlinge und Vertriebene beim Aufbau unseres Landes genützt haben und später die Gastarbeiter, so brauchen wir auch heute Zuwanderung. Aber natürlich müssen wir mit Zuwanderern auch zusammenleben. Das wird unseren Alltag verändern, aber nicht verschlechtern, sondern meistens verbessern."

Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Safter Cinar, lehnt Dialogangebote der Politik an die Anhänger der islamfeindlichen "Pegida"-Bewegung entschieden ab. "Wer hier für Verständnis plädiert, bestärkt diese Leute - und womöglich weitere - in dem Glauben, es gebe etwas zu verstehen", sagte Cinar dem "Tagesspiegel am Sonntag".

Für ihn sei unklar, welcher Dialog überhaupt gemeint sei. "Sollen wir den Demonstranten sagen, dass Muslime auch Menschen sind? Und wofür soll man Verständnis haben? Dass in der Hauptstadt Sachsens, wo es ein Prozent Muslime gibt, angeblich das Abendland untergeht?"

Nötig sei nach den Worten Cinars "ein Tabu gegen Fremdenfeindschaft und Rassismus". Das Tabu, mit dem in Deutschland Antisemitismus belegt ist, zeige, dass dies möglich und wirksam sei. Es brauche auch gegen Rassimus "eine breite Übereinstimmung". Er habe allerdings wenig Hoffnung, dass die Politik zu diesem Signal bereit sei.

Unterdessen will die Sachsen-CDU als Reaktion auf die umstrittenen Dresdner "Pegida"-Demonstrationen die Zuwanderungs- und Asylpolitik überprüfen. Eine Expertenkommission solle eine kritische Bestandsaufnahme machen, kündigte der Generalsekretär der Landesverbandes, Michael Kretschmer, im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur an. "Wir wollen auch eine ehrliche Einschätzung liefern, welche Versäumnisse es gibt."

Die CDU verteidige das Grundrecht auf Asyl aus Überzeugung. Für die Union stehe aber auch fest, dass die Prüfungsverfahren beschleunigt werden und Menschen ohne Rechtsanspruch Deutschland wieder verlassen müssten. "Der von Thüringen und Schleswig-Holstein praktizierte Abschiebestopp in den Wintermonaten ist ein Rechtsbruch, der die Aufnahmebereitschaft gefährdet", argumentierte Kretschmer.

Zuwanderung und Integration gehörten in Deutschland zu den sensibelsten Themen. "Daran entzünden sich schnell heftige Debatten in der Politik wie auch an den Stammtischen. Die Demonstrationen von "Pegida" in Dresden haben das vor Weihnachten einmal mehr gezeigt. Am Ende war es wie im Tollhaus. Wir wollen dieser unsachlichen Debatte unsere klare Position gegenüber stellen", sagte Kretschmer.

Die "Pegida"-Bewegung organisiert seit Wochen Demonstrationen, auf denen Redner Angst vor einer angeblichen Überfremdung schüren. In Dresden, wo die islamfeindliche Bewegung entstanden ist, waren es zuletzt etwa 17 500 Teilnehmer.

Die Kommission will Unterschiede zwischen Zuwanderung-, Asyl- und Flüchtlingspolitik definieren. "Gleichzeitig soll deutlich werden, welche Integrationsanstrengungen wir erwarten", kündigte Kretschmer an. "Das Erlernen der deutschen Sprache ist eine Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Integration. Im Gegenzug können wir für Flüchtlinge und berechtigte Asylsuchende klare Angebote machen, um ihre Integration zu ermöglichen."

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