Debatte um den Bundeshaushalt 2015 Schäubles Taschen bleiben zugeknöpft

BERLIN · Der Bundesfinanzminister erteilt allen neuen Ausgabeforderungen eine Absage. Auch den Ländern will er nichts vom Soli abgeben.

 Etatdebatte im Bundestag: Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) verspricht: Bundeshaushalte ohne neue Schulden sollen Normalität werden.

Etatdebatte im Bundestag: Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) verspricht: Bundeshaushalte ohne neue Schulden sollen Normalität werden.

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Der Heidelberger Abgeordnete Lothar Binding (SPD) packt seinen Zollstock aus, entfaltet ihn zum Beginn seiner Rede im Bundestag und sagt: Das 200-Zentimetermaß stehe für die aufgelaufene Staatsverschuldung von rund zwei Billionen Euro. Stets sei Jahr für Jahr bei der Haushaltseinbringung eine Schippe drauf gekommen. "Damit ist jetzt aber Schluss." 2015 packe die Koalition den Bürgern keine neuen Schulden oben drauf. Erstmals seit 1969.

Die Wende hin zu einem Etat, der ganz ohne neue Schulden auskommt, markiert eine Zäsur. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hält sich in seinem Beitrag aber nicht lange damit auf, die historische Stunde zu würdigen. Typisch für einen Kassenwart: Er verweist schon darauf, dass sich fern am Horizont Ungemach ankündigt. Das "wirtschaftliche Umfeld hat sich etwas eingetrübt", das Auf und Ab der klassischen Absatzmärkte für deutsche Exporteure wie China und USA berge Risiken für die Konjunktur und damit für seinen Etat.

Vermutlich ist es ihm ganz recht, da fällt es leichter, zusätzliche Ausgabeforderungen aus den Reihen der Koalition abzubügeln, wie etwa die nach einer Aufstockung des Verteidigungsetats angesichts der neuen militärischen Bedrohungslage im Osten. Schäuble verspricht: "Bundeshaushalte ohne neue Schulden sollen ab 2015 Normalität werden."

In Sachen Verteidigungsetat hat er übrigens die Unterstützung der Kanzlerin. Trotz neuer Aufgaben bei der Krisenbewältigung verweigert Angela Merkel mehr Geld. "In diesem Zusammenhang brauchen wir jetzt keine neuen finanziellen Mittel", sagte sie in einem Hörfunkinterview. "Das können wir aus dem heraus machen, was die Bundeswehr an Möglichkeiten hat." Es bleibt also dabei: Der Einzelplan der ehrgeizigen Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) umfasst 2015 32,26 Milliarden Euro und wächst bis 2018 nur minimal auf 32,88 Milliarden.

Das ist nach Schäubles Geschmack: Das schwäbische "Mir gäbet nix" geht auch an die Adresse der Bundesländer. Etliche Finanzminister der Länder hatten ja gefordert, dass der Bund den Ländern nach 2019 von den 14,9 Milliarden Euro, die der Soli einspielt, etwas abgibt. Schäuble setzte für die weiteren Gespräche für eine Reform der Bund-Länder-Finanzbeziehungen ein Stopp-Schild: Es greife zu kurz, wenn die Länder immer nur auf den Bund schielten. Die finanziellen Spielräume des Bundes seien sehr begrenzt, der Schuldendienst drücke den Bund im Verhältnis stärker als die Länder. Und: "Bei der Debatte um den Soli darf nicht vergessen werden, dass die Länder in den 90er Jahren einen erheblichen Anteil an der Mehrwertsteuer bekommen haben."

Das heißt: Auch wenn es eine Nachfolgeregelung für den "Soli" geben sollte, sollen die Länder nach dem Willen der Bundesregierung im Ergebnis keine zusätzlichen Steuereinnahmen bekommen. Verhandlungsposition des Bundes ist: Sollte der Solidaritätszuschlag künftig abgeschafft und durch erhöhte Sätze bei der Einkommenssteuer ersetzt werden, dann müssten die Länder sicher ihren Anteil daran bekommen. Der Bund würde das aber gerne bei der Verteilung der Umsatzsteuer kompensieren, so dass er nicht schlechter dastünde als jetzt. Ob Schäuble sich damit durchsetzen kann, ist ungewiss.

Neu ist auch, dass die Koalition einräumt, dass eigentlich mehr Geld investiert werden müsste. Schon allein damit die Infrastruktur nicht verkommt. Schäuble denkt aber gar nicht an staatliche Konjunkturprogramme. Getreu der Devise: Gesundes Wachstum entsteht nur, wenn Private investieren. Schäuble will vielmehr dafür sorgen, dass Pensionsfonds und Versicherungen, die auf der Suche nach Rendite in der Niedrigzinsphase sind, das Geld ihrer Anleger auch in öffentliche Straßen - und Brückenbauprojekte investieren können.

2015 stellt der Bund für den Aus- und Neubau von Straße, Schiene und Wasserwegen 10,8 Milliarden Euro zur Verfügung. Bis zu den nächsten Wahlen soll dieser Betrag auf 11,9 Milliarden Euro jährlich anwachsen. Angesichts eines Etats von insgesamt 299,5 Milliarden Euro erscheint diese Summe auf den ersten Blick nicht gerade üppig. Allerdings sollte nicht vergessen werden, dass viele Ausgabepositionen im Bundesetat gesetzt sind: so etwa 27 Milliarden Euro (neun Prozent der gesamten Ausgaben des Bundes) für Zinsen. Trotz niedrigem Zinsniveau klettern die Lasten für den Schuldendienst: 2018 werden den Plänen zufolge 34 Milliarden Euro fällig.

Für soziale Sicherung gibt der Bund bei weitem am meisten Geld aus: So überweist er 2015 an die gesetzliche Rentenkasse knapp 85 Milliarden Euro, dieser Betrag soll bis 2018 auf 94,1 Milliarden ansteigen. Für den Arbeitsmarkt zahlt der Bund im nächsten Jahr rund 32 Milliarden Euro. Im Wesentlichen geht dieses Geld für Arbeitslosengeld-II-Zahlungen (19,2 Milliarden Euro) sowie für Kosten für Unterkunft und Heizung von Langzeitarbeitslosen (4,6 Milliarden Euro) und für Verwaltungskosten (7,95 Milliarden Euro) drauf. Auch Leistungen an Familien schlagen zu Buche: 2015 werden 5,4 Milliarden Euro Elterngeld ausgezahlt, hinzu kommt rund eine Milliarde für Betreuungsgeld.

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