Koalitionsverhandlungen Scheitern in der Endphase nicht ausgeschlossen

BERLIN · "Dr. No" kommt. So spotten SPD-Unterhändler mittlerweile über den bayerischen Finanzminister Markus Söder. Der CSU-Mann sage zu vielen Wünschen der Sozialdemokraten kategorisch Nein. Die SPD-Leute regt das auf. Doch Söder sagt, er sei nicht "Dr. No". Wer dann?

 CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt (vorn links), CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe und SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles verlassen die Pressekonferenz in der CDU-Zentrale.

CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt (vorn links), CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe und SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles verlassen die Pressekonferenz in der CDU-Zentrale.

Foto: dpa

"Eigentlich bin ich James Bond, der sich gegen die SPD-Goldfingers wehren muss, die ständig versuchen, an das Geld der Bürger zu kommen", kontert Söder vor dieser siebten großen Runde der Koalitionsverhandlungen über eine schwarz-rote Regierung. CDU, CSU und SPD verhandelten doch nicht über einen Koalitionsvertrag für SPD-Mitglieder. "Wir machen einen Koalitionsvertrag für Deutschland", stellt Söder klar.

CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt sekundiert, es ärgere ihn, wenn "auf der anderen Seite Finanzhürden aufgebaut werden, die nicht zu erfüllen sind". Er betont noch einmal die Verhandlungslinie der Union: keine neuen Schulden, keine Steuererhöhungen. Es sei an der Zeit, "langsam zu Potte zu kommen".

Am Wochenende werde man sich über die viel zitierte F-Liste beugen, auf der alle Wünsche stehen, die Geld kosten. Auf rund 50 Milliarden Euro sollen sich kostenpflichtige Verabredungen in den Arbeitsgruppen bereits summiert haben. CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe will die Zahl weder bestätigen noch dementieren und verweist auf den ch begrenzten Spielraum. "Nächste Woche stehen die harten Punkte an", betont wiederum Dobrindt und sagt voraus: "Der Koalitionsvertrag wird eine ganze Menge weiß-blauer Tinte haben."

Jetzt geht es also an die harten Themen. Kommenden Dienstag steht eine lange Nacht bevor, die die Entscheidung bringen soll. Danach wären die SPD-Mitglieder am Zug. Dobrindt beschreibt es so: "In allen inhaltlichen Fragen sind die Kanonen jetzt geladen. Und es kommt jetzt darauf an, wann wer die Lunte zieht."

Da stehen sie, die drei Kanoniere: Gröhe, Dobrindt und SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles. Sie sollen etwas zur Wahrscheinlichkeit eines Gesamtabsturzes sagen, dazu also, ob die seit vier Wochen laufenden Koalitionsverhandlungen tatsächlich noch scheitern könnten. Für Gröhe ist es schlicht "harte Arbeit". Er sagt: "Da gibt es Klartext. Aber nicht jeder Klartext ist gleich mit einem Stimmungsabsturz gleichzusetzen."

Dobrindts Lageeinschätzung geht so: "Ich will diese Koalition. Aber ich weiß: Auch wenige Meter unter dem Gipfelkreuz kann man noch abstürzen." SPD-Generalsekretärin Nahles erzählt davon, dass man auch in dieser siebten großen Runde wieder "gut Strecke" gemacht habe.

Eine Einigung unter den potenziellen Koalitionären sei "immer noch erwartbar", aber die Nervosität steige in diesen Tagen. "Deswegen spitzt sich das jetzt zu. Es ist keineswegs Entlastung angesagt." Komplett ausgeschlossen ist laut Nahles nichts: "Am Ende kann das noch scheitern", sagt die SPD-Generalsekretärin. Und wenn es durch das ablehnende Votum der 473.000 SPD-Mitglieder wäre. Es würde nicht nur die SPD in eine tiefe Krise stürzen.

Ergebnisse

  • Doppelte Staatsangehörigkeit: Die SPD will sie unbedingt und das umstrittene Optionsmodell abschaffen, die CSU ist strikt dagegen. Die Christsozialen bringen nun einen Prüfauftrag im Koalitionsvertrag für eine generelle doppelte Staatsbürgerschaft als Kompromiss ins Gespräch.
  • Offshore-Förderung: Union und SPD haben sich darauf verständigt, die Anfangsförderung für Windkraftanlagen in Nord- und Ostsee (Offshore) bis Ende 2019 zu verlängern. Bisher gilt die Anfangsförderung von 19 Cent pro Kilowattstunde für Windparks auf dem Meer bis 2017.
  • Fahrverbote für kleine Strafdelikte: Union und SPD haben sich geeinigt, Fahrverbote auch als Strafe für Delikte wie Diebstahl einzuführen. Dies sei als Alternative zur Freiheitsstrafe und als Sanktion für Personen gedacht, die eine Geldstrafe nicht wirklich treffen würde. Das Fahrverbot würde somit eine eigenständige Sanktion im Jugend- und Erwachsenenstrafrecht.
  • Pflege: Union und SPD wollen den Beitragssatz in der Pflege um 0,5 Prozentpunkte anzuheben und bis 100.000 neue Stellen für Pflegekräfte schaffen.
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