Pendlers Last Streit über die Entfernungspauschale geht weiter

BERLIN · Ulrich Maurer war sofort alarmiert und zum Protest bereit. Der Fraktionsvize der Linken im Bundestag konnte über die horrenden Spritpreise an deutschen Tankstellen während der Osterfeiertage nur noch den Kopf schütteln.

"Preiswillkür", zeterte Maurer und kritisierte die Bundesregierung, diese liefere "Pendler, Ferienfahrer und Unternehmen" dem Preisdiktat der Ölmultis aus, "ohne auch nur den kleinen Finger zu rühren".

Nach Maurers Überzeugung liegen "die Fakten auf dem Tisch: Während beim Finanzminister jeder Cent Benzinpreiserhöhung die Kassen klingeln lässt, wird die Pendlerpauschale immer mehr zur Lachnummer, mit der nur noch ein Bruchteil der Fahrtkosten für den Weg zur Arbeit steuerlich geltend gemacht wird."

Maurer forderte eine "Genehmigungspflicht für Benzinpreiserhöhungen" und appellierte an Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), dieser müsse seinen "Widerstand gegen eine kurzfristige Anpassung der Preisentwicklung aufgeben".

Nicht nur Maurer liegt Schäuble mit Forderungen nach einer höheren Pendlerpauschale in den Ohren. Im schwarz-gelben Bundeskabinett sprechen sich sowohl Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) wie auch Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) dafür aus, das Kilometerentgelt für Berufspendler anzuheben.

FDP-Chef Rösler rechnete in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" vor, wie der Aufschlag für die Pendler bezahlt werden könnte. Bei steigendem Spritpreis, stiegen auch die Einnahmen des Staates durch die Umsatzsteuer. Die Höhe dieser Zusatzeinnahmen "könnte dann eine Grundlage für die Neuberechnung der Pendlerpauschale sein".

Auch Umweltminister Norbert Röttgen, derzeit als CDU-Spitzenkandidat im NRW-Wahlkampf besonders gefragt, forderte über die Osterfeiertage in der "Welt am Sonntag" den Staat als "Wirtschaftsordnungsmacht". Dieser müsse einschreiten, "wenn ein Missbrauch von Marktmacht vorliegt". Deshalb begrüße er es "sehr, dass das Bundeskartellamt jetzt tätig geworden ist. Sollte es in nächster Zeit allerdings zu keiner Verbesserung kommen, muss man darüber diskutieren, die Pendlerpauschale zu erhöhen. Der Staat darf die Bürger nicht im Regen stehen lassen."

Doch Schäuble sieht als oberster Kassenwart im Kabinett Merkel in der Pendlerpauschale "kein Instrument, um Benzinpreisschwankungen aufzufangen", wie er der "Neuen Osnabrücker Zeitung" sagte. Er sehe auch keine Möglichkeiten, über ein Drehen an der Steuerschraube den Benzinpreis zu senken. Dazu hätten sowohl die Länder wie auch der Bund in ihren Haushalten zu wenig Spielraum.

Der Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses im Bundestag, Ernst Hinsken (CSU), plädierte gleichwohl dafür, die Pendlerpauschale anzuheben. Diese Entfernungspauschale für Fahrten zur Arbeit liegt seit 2004 bei einem Satz 30 Cent pro Kilometer. Hinsken sprach sich jetzt für eine Erhöhung der Pendlerpauschale um zehn Cent aus. Seine Begründung: Bund und Länder profitierten von den gestiegenen Benzinpreisen durch höhere Einnahmen bei der Mehrwertsteuer. Durch diese Mehreinnahmen könnte wiederum eine höhere Pendlerpauschale teilweise finanziert werden.

SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles wiederum schlug eine "soziale Staffelung" vor. Denkbar seien dabei Zuschüsse oder Festbeträge für Familien sowie Gering- und Normalverdiener.

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