Tausende neue Hausarztpraxen geplant

Berlin · Angesichts des drohenden Ärztemangels in Deutschland haben die Organisationen des Gesundheitswesens den Weg für fast 3000 neue Hausärzte freigemacht.

 Für Haus- und Kinderärzten gibt es nur wenige Zulassungsmöglichkeiten, obwohl sie in vielen ländlichen Gebieten gesucht werden. Foto: Symbol

Für Haus- und Kinderärzten gibt es nur wenige Zulassungsmöglichkeiten, obwohl sie in vielen ländlichen Gebieten gesucht werden. Foto: Symbol

Foto: DPA

Eine entsprechende Richtlinie beschloss der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) von Ärzten, Krankenkassen und Kliniken am Donnerstag in Berlin, wie aus G-BA-Kreisen verlautete.

Die Zahl umfasst neu geschaffene und bereits bestehende Niederlassungsmöglichkeiten. Im Vergleich zur bisherigen Planung kommen gut 900 hinzu, die neu entstehen können. Am meisten Hausärzte können sich von jetzt an mit insgesamt 710 nun in den Regionen Nordrhein und Westfalen-Lippe niederlassen, gefolgt von 481 in Niedersachsen und 346 in Baden-Württemberg.

Für die Psychotherapeuten sieht die Richtlinie knapp tausend neue Praxen vor, bereits bisher gab es rund 500 freie Plätze. Auch bei den Fachärzten gibt es Hunderte Zulassungsmöglichkeiten.

Von den mehr als 150 000 niedergelassenen Ärzten heute waren laut Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV) zuletzt gut 60 000 Hausärzte, 78 000 Fachärzte und 17 000 Psychotherapeuten. Laut KBV gehen über 40 000 Haus- und Fachärzte in den nächsten Jahren in den Ruhestand. Bereits heute gebe es für Hunderte Praxen keine Nachfolger.

G-BA-Chef Josef Hecken sagte, in vielen städtischen Ballungsgebieten gebe es eine Überversorgung an Ärzten. "Wir haben auf der anderen Seite Landstriche, die zwar sehr viele ältere Menschen beheimaten, in denen aber ärztliche Versorgung gegen Null tendiert", sagte er der Deutschen Presse-Agentur.

Die neue Planung hält Hecken gemeinsam mit weiteren Schritte für geeignet, tatsächlich mehr Allgemeinmediziner aufs Land zu bringen - auch wenn sie bisher oft einen weiten Bogen um ländliche Regionen gemacht hätten. So müssen Ärzte laut Gesetz nun nicht mehr dort wohnen, wo sie arbeiten.

Auf dem Land entfallen zudem finanzielle Strafen bei vielen Arzneiverschreibungen. "Hier wird eine klare Perspektive für junge Mediziner aufgezeigt, dass es attraktive Niederlassungsmöglichkeiten gibt", sagte Hecken. Der Arzt müsse zu den Patienten gebracht werden - nicht umgekehrt.

Berücksichtigt werde die regionale Alters- und Krankheitsstruktur. Die Richtlinie muss noch vom Bundesgesundheitsministerium geprüft werden, soll aber bereits Anfang des neuen Jahres in Kraft treten.

Die Ärzte begrüßten den Beschluss. "Es freut mich sehr, dass wir dadurch die wohnortnahe Versorgung der Patienten perspektivisch weiter verbessern werden", sagte Regina Feldmann vom KBV-Vorstand.

Die Bundespsychotherapeutenkammer zeigte sich alarmiert. "Über 6000 psychotherapeutische Praxen sind bedroht", sagte Präsident Rainer Richter der dpa. Denn der Ausschuss gehe von veralteten Zahlen aus, nach denen es noch viel weniger Psychotherapeuten gegeben habe, als heute. "Wir sind sehr unzufrieden."

Heftige Kritik übte der Bundesverband der Verbraucherzentrale. Aus Patientensicht verdiene die Festlegung höchstens die Note vier, sagte deren Gesundheitsexpertin Ilona Köster-Steinebach. "Vernachlässigt werden unter anderem die Bedürfnisse von Kindern, Armen und insbesondere von Menschen mit Behinderungen." Zwar gebe es eine etwas bessere Versorgung mit Hausärzten auf dem Land. Zentrale Probleme wie die Unterschiede zwischen reichen und armen Stadtteilen blieben weitgehend unverändert. "Statt zukunftsgerichteter Planung bedarfsgerechter Versorgung regiert die Besitzstandswahrung."

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