Vor der Landtagswahl Thüringens CDU-Spitzenkandidat im Interview

„Wir setzen auf Stabilität“, sagt Thüringens CDU-Spitzenkandidat Mike Mohring. Im Interview spricht er über Ängste der Menschen im Osten, den Klimaschutz und die Landtagswahl.

Herr Mohring, Sie haben eine Krebserkrankung überstanden und wollten danach im politischen Betrieb bewusster leben und sich nicht mehr hetzen lassen. Sie führen seit vielen Wochen einen harten Wahlkampf. Ist von den guten Vorsätzen etwas übrig geblieben?

Mike Mohring: Ja, und ich freue mich, dass ich wieder gesund und fit bin. Ich nehme mir die Zeit, die ich brauche, auch wenn das im Wahlkampf vielleicht nicht so einfach ist.

Der Wahlkampf in Sachsen und Brandenburg ist schon beendet. Die AfD ist dort jetzt zweitstärkste Kraft. Welche Lehren ziehen Sie aus dieser Entwicklung mit Blick auf die Landtagswahl in Thüringen Ende Oktober?

Mohring: Wenn Politiker ihre grundlegende Aufgabe vernachlässigen, den Bürgern zuzuhören und mit ihnen über ihre Meinungen zu reden, bekommen sie bei Wahlen die Quittung. Wir leben in einer Zeit, in der offenbar die Fähigkeit zum Diskurs abhanden gekommen ist. Ich möchte über Themen sprechen, die die Menschen bewegen. Sonst fühlen sie sich nicht ernst genommen. Das darf Volksparteien nicht passieren.

Sie wollen alle Wähler zurückgewinnen, haben Sie gesagt. Welche Gründe haben dazu geführt, dass diese sich abgewendet haben?

Mohring: Viele Menschen haben hier insgesamt das Gefühl, dass der Staat seine Sicherheitsversprechen und Versorgungspflichten nicht mehr erfüllt. Mangelnder Breitbandausbau, unsanierte Schulen, zu wenig Ärzte auf dem Land, Sorge vor weiterem Strukturwandel. In Thüringen habe ich zudem den Eindruck, dass die Links-Koalition Polizisten nicht wertschätzt. Sie nimmt Graffitis mit Beschimpfungen von Polizeibeamten als Bastarde hin anstatt ihnen den Rücken zu stärken. Sie brauchen und verdienen unser Vertrauen, mehr Anerkennung, etwa durch Beförderungen und scharfe Ahndungen von Angriffen gegen sie.

Die CDU in Brandenburg und die SPD in Sachsen sagen, dass sie zwischen der Partei des Ministerpräsidenten und der AfD zerrieben worden seien. Droht Ihnen das auch in Thüringen mit der Linken von Ministerpräsident Bodo Ramelow und der AfD von Björn Höcke?

Mohring: Nein, in Thüringen haben wir eine ganz andere Ausgangsposition. In Sachsen und Brandenburg war es so, dass keine ernsthaften Herausforderer der Ministerpräsidenten gesehen wurden. In Thüringen liegen Linke, CDU und AfD nahe beieinander. Hier geht es darum, ob Thüringen vom Rand aus regiert wird – links oder rechts –, oder aus der Mitte der Gesellschaft für die Mitte der Gesellschaft.

Nach den jetzigen Umfragen würde es aber nicht für eine Koalition aus CDU, SPD und Grünen reichen. Was dann? Minderheitsregierung?

Mohring: Wir setzen auf Mehrheiten und Stabilität. Eine Minderheitsregierung ist nicht unser Ziel. Mein Eindruck ist, dass Bodo Ramelow ein destruktives Wahlziel verfolgt, wenn er permanent von Minderheitsregierungen redet. Das, was er will, ist aber, geschäftsführend im Amt zu bleiben, auch wenn ihm die Mehrheit zur Wahl fehlt.

Haben Sie Bedenken, dass sich das geplante Klimaschutzpaket der Bundesregierung negativ auf Ihren Wahlkampf auswirkt? Im Osten sind die Menschen bei dem Thema kritischer.

Mohring: Die CDU darf die Wirkung auf die Thüringer Landtagswahl nicht außer Acht lassen. Wir haben im Osten ja eine ganz andere Situation. Die Menschen befürchten einen dritten Strukturwandel innerhalb einer Generation. Das ist nur schwer zu verkraften. Thüringen ist durch die Energiewende bereits besonders belastet. Der Leitungsbau durch den Thüringer Wald steht dafür beispielhaft.

Was darf die Regierung Ihrer Meinung nach nicht machen?

Mohring: Wir haben die höchsten Strompreise in Europa. Entlastung organisieren durch Absenkung der Stromsteuer helfen da mehr für die Akzeptanz als neue Steuerdebatten in Berlin – etwa die Einführung einer CO2-Steuer oder eine höhere Mehrwertsteuer auf Fleisch gehen in die falsche Richtung. Das zahlt hier nur aufs Konto der AfD ein. Es muss dabei bleiben: Mit der CDU gibt es eine CO2-Steuerung, aber keine CO2-Steuer. Da sind wir, denke ich, in der CDU klar. Wir überzeugen mit Anreizen und Ermöglichung und nicht wie die Grünen mit Verboten und Steuererhöhungen. Das Positive muss überwiegen, um CO2-Emissionen in der Industrie und in Privathaushalten zu vermeiden.

Ein Blick auf internationale Ebene: Die Sanktionen der EU gegen Russland sind Ihnen seit Langem ein Dorn im Auge. Haben Sie Hoffnung, dass sich Kanzlerin Angela Merkel um eine Lockerung der Sanktionen bemüht, die wegen der russischen Annexion der Krim und dem Konflikt in der Ost-Ukraine erlassen wurden?

Mohring: Das Wichtigste ist mit Russland im Dialog zu bleiben. Die Erwartung der Ostdeutschen ist, dass die Beziehungen zur russischen Föderation wieder normalisiert werden. Das deutsch-russische Verhältnis ist hier enger als im Westen des Landes. Es treffen uns nicht so sehr die Sanktionen der EU gegen Russland. Moskaus Sanktionen gegen Deutschland schaden uns am meisten, gerade in der Landwirtschaft. Die Hoffnung besteht in der Erwartung eines beiderseitigen Entgegenkommens auf der Basis des Minsker Abkommens.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort
Mosaiksteine
Kommentar zur Klimapolitik der großen Koalition Mosaiksteine