Dalai Lama Tibetern in China offenbar wieder erlaubt, den 77-Jährigen offiziell zu verehren

PEKING · Im Kloster Labrang in der chinesischen Provinz Gansu ziert das Konterfei vom Dalai Lama schon seit vielen Jahren die Altare in den Gebetssälen der tibetischen Mönche - allerdings nur heimlich. Sobald ein bestimmter Feier- oder Jahrestag bevorsteht oder ein chinesischer Parteisekretär seinen Besuch ankündigt, wird das Foto des geistigen Oberhaupts der Tibeter schnell überklebt.

 Tendzin Gyatsho ist der 14. Dalai Lama.

Tendzin Gyatsho ist der 14. Dalai Lama.

Foto: dpa

Mit dieser Furcht der tibetischen Mönche und Nonnen könnte es schon bald vorbei sein. Angeblich soll die chinesische Führung erstmals seit 17 Jahren das Verbot von Bildern des 1953 ins indische Exil geflohenen tibetischen Oberhaupts zumindest in einigen Gebieten aufgehoben haben. Das zumindest berichtet der US-amerikanische Sender Radio Free Asia (RFA) und beruft sich dabei auf mehrere Tibetorganisationen, unter anderem der in London ansässigen Organisation Free Tibet.

Die Aufhebung sei von der chinesischen Führung zunächst als "Experiment" vorgesehen und der Dalai Lama dürfe lediglich als Religionsführer wieder verehrt werden, nicht als politisches Oberhaupt, heißt es von Free Tibet. Und auch die International Campaign for Tibet (ICT), eine weitere Tibetorganisation hat eigenen Angaben zufolge Kenntnisse darüber, dass im tibetisch bewohnten Teil der chinesischen Provinz Qinghai Vorschläge diskutiert würden, "das Bildnis des Dalai Lamas zu zeigen, die Denunzierung des tibetischen Führers zu beenden und die Präsenz der Polizei in Klöstern zu verringern".

Solange dies aus religiösen Gründen geschehe, dürften Buddhisten wieder offiziell an den Dalai Lama glauben und ihm Respekt erweisen, berichtet RFA. Der britische Sender BBC hingegen berichtet, dass die chinesische Regierung habe diese Meldungen allesamt dementiert. Sollten sich die Hoffnungen der Tibet-Organisationen bestätigen, wäre das eine deutliche Abkehr von Pekings bisherigem Umgang mit dem Dalai Lama.

Seit dem Einmarsch der Chinesen vor über 60 Jahren in Tibet und der Flucht des inzwischen 77-Jährigen betrachtet die chinesische Führung ihn als "Separatisten", der das Land spalten wolle. Sie macht ihn auch verantwortlich für die blutigen Unruhen im Frühjahr 2008 sowie den inzwischen über 130 Selbstverbrennungen zumeist tibetischer Mönche und Nonnen der vergangenen drei Jahre. Ein offizielles Verbot, den Dalai Lama auf Fotos zu zeigen, gibt es seit 1996.

Aber selbst wenn sich die Meldungen der Tibet-Organisationen bestätigen sollten - ob mit dieser Lockerung eine generelle Kehrtwende von Pekings Tibetpolitik verbunden ist, scheint fraglich.

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) veröffentlichte am Freitag einen Bericht, aus dem hervorgeht, dass allein zwischen 2006 und 2012 im Zuge eines staatlichen Programms mehr als zwei Millionen zumeist nomadisch geprägte Tibeter zwangsumgesiedelt worden. Allein in der Autonomen Region Tibet betraf diese Umsiedlung mehr als zwei Drittel der Gesamtbevölkerung. Diesen Menschen ist auch mit einem Bildnis vom Dalai Lama nur wenig geholfen.

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