US-Drohnenkrieg Trump beendet Transparenz bei zivilen Opfern

Washington · Trump kippt Obama-Direktive und will zivile Opfer bei CIA-Drohnenangriffen nicht mehr öffentlich benennen.

Die CIA braucht Zahlen über zivile Opfer ihrer Drohnenangriffe künftig nicht mehr offenzulegen. US-Präsident Donald Trump kassierte ein Dekret Barack Obamas, wonach die Öffentlichkeit informiert werden muss, wenn bei Attacken gegen terroristische Ziele auch Zivilisten ums Leben kommen.

Bisher, zumindest in der Theorie, musste der Koordinator der amerikanischen Geheimdienste alle zwölf Monate einen Bericht abliefern, der sowohl die Zahl der Angriffe als auch die Zahl der dabei Getöteten zusammenfasste. Auch wenn dies nur für Weltgegenden galt, die offiziell nicht als Kriegsgebiete eingestuft wurden: In der Praxis hat sich Dan Coats, besagter Koordinator, bereits im vergangenen Jahr nicht an die Vorgabe gehalten. Nun setzt Trump vollends außer Kraft, was sein Vorgänger im Oval Office angewiesen hatte. Die jährlich fälligen Berichte, schreibt er zur Begründung, seien überflüssig, „sie lenken unsere Geheimdienstfachleute nur ab von ihrem eigentlichen Auftrag“.

Unter Trump sind die Angriffe mit unbemannten Flugzeugen noch intensiviert worden, nachdem Obama sie bereits erheblich ausgeweitet hatte. Allein in den ersten beiden Amtsjahren des 45. US-Präsidenten verzeichnete das Bureau of Investigative Journalism (BIJ), ein in London ansässiger Thinktank, 2243 derartige Einsätze, während es in den acht Jahren der Ära Obama nur 1878 gewesen waren. Dem BIJ zufolge haben sich Geheimoperationen mit Kampfdrohnen im Jemen verdreifacht, während sie sich in Somalia verdoppelten, seit Trump regiert. Auch die Stammesgebiete im Westen Pakistans, wo islamistische Extremisten Unterschlupf finden, sind seit längerem Schauplatz solcher Attacken. Neuerdings konzentriert sich die CIA verstärkt auf den Süden Libyens, wo sie das Al-Kaida-Netzwerk wie auch andere Gruppen ins Visier nimmt.

Scharfe Widerworte

Dass Trump nun selbst auf den Schein von Transparenz verzichtet, hat ihm scharfe Widerworte eingetragen. Human Rights First, eine New Yorker Menschenrechtsinitiative, spricht von einem „unnötigen und gefährlichen“ Schritt in die falsche Richtung. Der demokratische Kongressabgeordnete Adam Schiff, Chef des Geheimdienstausschusses im Repräsentantenhaus, sieht „keinerlei Rechtfertigung“ dafür, Obamas Direktive zu kassieren.

Im Juli 2016, sechs Monate vor seinem Abschied vom Oval Office, hatte der damalige Präsident die CIA unter dem Druck massiver Proteste enger an die Leine genommen. Die Zusicherung, um die Opferbilanz von Drohnenattacken kein Geheimnis mehr zu machen, sollte Kritikern den Wind aus den Segeln nehmen. In gewisser Weise wirkte die Weisung wie eine Bremse, da sie den Spielraum des Geheimdiensts einschränkte.

Schon Obama musste sich den Vorwurf gefallen lassen, massiv gegen rechtsstaatliche Prinzipien zu verstoßen. Die Bürgerrechtsliga ACLU beispielsweise sprach von einem Staatschef, der Todesurteile fälle, ohne dass ein Gericht darüber verhandeln könne. Der Druck veranlasste ihn schließlich zu Korrekturen, die Trump seinerseits bald wieder rückgängig machte. Schon kurz nach Amtsantritt erklärte er weite Teile des Jemen und Somalias zu „Zonen aktiver Kampfhandlungen“. In denen dürfen sich die Amerikaner verhalten wie in einem Krieg, ohne Rücksicht auf die Regeln für Nichtkriegsgebiete nehmen zu müssen.

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