Außenpolitik Amerikas Trump droht Nordkorea mit Feuer, Zorn und Macht

Washington · Der verbale Schlagabtausch zwischen dem Regime in Pjöngjang und US-Präsident Donald Trump hat einen neuen Höhepunkt erreicht. Weltweit wächst die Sorge, dass es nicht bei Worten bleibt. Wenigstens hat Peking den neuen Sanktionen gegen Nordkorea zugestimmt.

Nach der „Feuer-und-Zorn“-Rhetorik von US-Präsident Donald Trump gegen Nordkorea wird weltweit der Ruf nach Mäßigung laut. Neben der Bundesregierung in Berlin rief auch China Washington wie Pjöngjang dazu auf, bei der Wortwahl abzurüsten und den Dauerkonflikt um die atomaren Ambitionen des kommunistischen Diktators Kim Jong Un nicht weiter anzuheizen.

Trump hatte am Dienstag Nordkorea davor gewarnt, den USA weiter mit militärischen Schlägen zu drohen. Andernfalls werde dem politisch isolierten Land „mit Feuer, Zorn und Macht begegnet werden, wie es die Welt niemals zuvor gesehen hat“. Ein Satz, der auch als Signal eines Atomangriffs gewertet wurde und in US-Medien für helle Aufregung sorgte. Nordkorea konterte mit der Aussage, gezielt einen Raketenangriff auf den US-Militärstützpunkt Guam im Pazifik zu erwägen

US-Außenminister Rex Tillerson bemühte sich gestern um Entspannung. Von Nordkorea gehe keine unmittelbare Bedrohung aus, sagte der frühere Ölmanager. Amerika „sollte nachts gut schlafen“. Trump selbst ließ am Mittwoch über Twitter verlauten, Amerikas Nuklearmacht sei so stark wie niemals zuvor. „Hoffentlich werden wir diese Macht nie nutzen müssen.“ Die wichtigsten Facetten des Konflikts im Überblick:

Warum die erneute Zuspitzung im langen Krieg der Worte zwischen Amerika und Nordkorea?

Nach zwei erfolgreichen Tests mit Interkontinentalraketen, die nach Ansicht von Experten US-Festland erreichen könnten, hat Nordkorea nach Erkenntnissen des US-Militärgeheimdienstes DIA und japanischen Stellen einen weiteren zentralen Fortschritt gemacht: den Bau von miniaturisierten Atomsprengköpfen, die auf besagte Raketen montiert werden können. Sollte sich der bisher weder vom Weißen Haus noch vom Nationalen Geheimdienstkoordinator offiziell bestätigte Befund der DIA erhärten, wäre das Gegenteil von dem eingetreten, was Trump bei Amtsantritt den Amerikanern versprochen hat: Nordkorea werde niemals in den Stand gelangen, eine atomar bestückte Rakete auf Amerika richten zu können.

Was hat es mit dem angedrohten Angriff auf Guam auf sich?

Kims Drohung, das 3200 Kilometer entfernte US-Militärdrehkreuz (6000 Soldaten, Atom-U-Boote, Spezialkräfte etc.) ins Visier zu nehmen, wurde in Washington als Antwort auf militärische Manöver der USA über der koreanischen Halbinsel und den Test einer US-Interkontinentalrakete verstanden – und nicht als direkte Replik auf Trumps „Feuer-und-Zorn“-Einlassung. US-Analysten halten einen Angriff Nordkoreas als Erstschlag auf Guam für abwegig: „Zu wenige Opfer, und eine drakonische Antwort Amerikas wäre programmiert.“

Ist die Kriegsgefahr in Asien unmittelbar gestiegen?

Viele Experten sagen mit Verweis auf die potenziell verheerenden Folgen einer militärischen Konfrontation: nein. Allerdings könne nicht ausgeschlossen werden, dass die verbalen Kraftmeiereien in Pjöngjang und Washington „zu fatalen Missverständnissen und irreparablen Fehlern“ führen könnten.

Findet Trump Unterstützung?

Kein relevanter Politiker in den USA hat sich bislang hinter den Präsidenten gestellt. Die Demokraten werfen ihm gefährliches „Wutgeschrei“ vor. Trump habe sich mit Kim Jong Un gemein gemacht. Der republikanische Außenexperte John McCain sieht in Trumps Auftritt die Umkehrung der von Präsident Teddy Roosevelt geprägten Doktrin: „Speak softly but carry a big stick“ (Sprich sanft, aber trage einen großen Stock). Echte Führer sprächen keine Drohungen aus, „solange sie nicht bereit zum Handeln sind“, sagte er. „Und ich bin nicht sicher, dass Präsident Trump bereit zum Handeln ist.“

Spielt Religion eine Rolle?

Mit Besorgnis wurde in Washington registriert, dass radikale Prediger wie der texanische Baptist Robert Jeffress Trump geradezu ermutigen, gegen Nordkorea vorzugehen. Gott habe dem US-amerikanischen Präsidenten die Prokura erteilt, Kim Jong Un auszuschalten, sagte Jeffress. Die Evangelikalen gehören zu Trumps wichtigen Wählergruppen. Dass Trump bei seinen Worten bewusst auf eine apokalyptische Bibelstelle im Alten Testament zurückgegriffen haben könnte, wird in Washingtoner Politikzirkeln als abwegig bezeichnet. „Trump kennt die Bibel nur von außen“, sagte ein republikanischer Analyst dazu auf Anfrage.

Was sagen Fachleute?

Siegfried Hecker, Atomwaffenexperte der kalifornischen Stanford-Universität, der Nordkorea regelmäßig besucht hat, warnt davor, Kim Jong Un „größer zu machen, als er momentan ist“. Er bezweifelt, dass Nordkorea kurzfristig in der Lage sei, eine Atomrakete nach Amerika zu lenken. So sei nicht getestet, ob die Trägerraketen den Wiedereintritt in die Erdatmosphäre (Voraussetzung für einen Bombenabwurf) überstehen würden – oder verglühen. Wie andere, so warnt auch Hecker davor, Kim Jong Un verzerrt darzustellen. „Er ist weder verrückt noch selbstmörderisch veranlagt, geschweige denn ist er unberechenbar“. Dahinter steht die Überzeugung, dass Kim Jong Un das Atomprogramm als wichtigste Versicherung ansieht, um sein Regime am Leben zu halten und nicht wie Irak und Libyen zu enden.

Wer wird jetzt wichtig?

Vor allem Topmilitärs. Mit John Kelly hat Trump einen Ex-Viersterne-General als Stabschef ganz eng bei sich. Dazu kommen Sicherheitsberater H.R. McMaster und Verteidigungsminister James Mattis, beide ebenfalls hoch dekorierte Ex-Generäle. Das Trio verkörpert das Gegenteil von Scharfmachern. Mattis warnt seit Monaten vor einer militärischen Eskalation in Nordkorea, weil dies zu den „verheerendsten Opferzahlen“ seit Ende des Zweiten Weltkriegs führen würde.

Hört Trump auf sie?

Obwohl in Militärkreisen Konsens ist, dass es keine einzige gute Lösung für eine gewaltsame Beendigung der atomaren Bedrohung durch Nordkorea gibt, schließen Analysten nicht aus, dass der strauchelnde Präsident (kaum vorzeigbare Leistungen, Zustimmungswerte in der Bevölkerung im Keller) einen außenpolitischen Befreiungsschlag unternehmen könnte. Er hat die alleinige atomare Befehlsgewalt.

Warum treten die Militärs auf die Bremse?

Nordkorea nachhaltig in kurzer Zeit zu neutralisieren, kann aufgrund der Größe und letztlich unbekannten Schlagkraft des Gegners nicht gelingen. Das ist Konsens im Pentagon. Viele Abschussbasen für Raketen sind unterirdisch. Die konventionelle Feuerkraft Nordkoreas ist gewaltig. Gleichzeitig ist programmiert, dass Nordkorea den Nachbarn Südkorea mit seinem 25-Millionen-Einwohner-Großraum um Seoul in Schutt und Asche legen könnte. Dort leben über 100 000 Amerikaner. Außerdem sind 28 500 US-Soldaten dort stationiert. Der Tod von tausenden Zivilisten und Militärs wäre die Folge.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort