Welle der Kritik gegen US-Präsidenten Trump lehnte offiziellen Nachruf zum Tode John McCains ab

Washington · Nach dem Tod des Senators und Vietnamkriegs-Veteranen John McCain verzichtete US-Präsident Donald Trump auf einen Nachruf und setzte stattdessen lediglich einen Tweet ab. Dabei hatte sein Mitarbeiterstab im Weißen Haus bereits eine offizielle Erklärung vorbereitet.

In der US-Botschaft in der vietnamesischen Hauptstadt Hanoi trauert eine Frau vor einem Porträt des verstorbenen John McCain.

In der US-Botschaft in der vietnamesischen Hauptstadt Hanoi trauert eine Frau vor einem Porträt des verstorbenen John McCain.

Foto: AFP

In Amerika ist die John McCain-Trauerwoche angebrochen. Der Tod des gleichermaßen streitbaren wie bewunderten republikanischen Senators und Ex-Präsidentschaftskandidaten wird von der Aufbahrung des Sarges in seinem Heimatbundesstaat Arizona am Mittwoch und später im Kapitol von Washington bis zur Beisetzung am Samstag an der Marine-Akademie von Annapolis/Maryland die Schlagzeilen dominieren. Dazwischen werden von Tausenden live und Millionen an den Fernsehern verfolgte Trauerzeremonien liegen, bei denen mindestens zwei frühere Präsidenten (George W. Bush und Barack Obama) und zwei Vize-Präsidenten (Joe Biden und Mike Pence) dem als Nationalheld verehrten Vollblut-Politiker die letzte Ehre erweisen werden.

Mit anderen Worten: In der Woche, in der auch die Soul-Diva Aretha Franklin zu Grabe getragen wird, erlebt Amerika ein außergewöhnliches Hochamt des Patriotismus. Nur einer macht dabei nicht mit und zieht sich den Unmut weiter Teile der Bevölkerung zu: Donald Trump.

Der Präsident ist offenbar entschlossen, einem seiner wortgewaltigsten Kritiker auch über den Tod hinaus mit Gleichgültigkeit und stiller Verachtung zu begegnen. „Als die Nation trauert, ist Trump auffallend abwesend“, titelte die New York Times. Während Staats- und Regierungschefs weltweit (Merkel, Steinmeier, Macron, Trudeau etc.) McCain als Ausnahmepolitiker mit starken Prinzipien und hoher Glaubwürdigkeit beschrieben, rang sich Trump kurz nach der Todesmeldung am Samstag eine vor Pflichtschuldigkeit strotzende Twitter-Notiz von rund 20 Worten ab. „Meine tiefste Sympathie und mein Respekt für die Familie von Senator John McCain. Unsere Herzen und Gebete sind mit Ihnen.“

Trump untersagt Veröffentlichung von Nachruf

Als die kühle Geringschätzung auffiel, gerade durch die emotionalen Beileidsbekundungen aus dem In- und Ausland, versuchte sich das Weiße Haus in Schadensbegrenzung. Unter den Fittichen von Stabschef John Kelly und Regierungssprecherin Sarah Sanders wurde ein Kurz-Nachruf verfasst, in dem das Wort „Held“ vorkam. Trump persönlich, so wurde der Washington Post aus dem Allerinnersten der Machtzentrale von einem enttäuschten Mitarbeiter gesteckt, untersagte die Veröffentlichung. Retourkutsche? Schon vor Wochen hatte McCain das Weiße Haus wissen lassen, dass Trump bei seiner Beerdigung unerwünscht ist.

Seit das präsidiale Nachtreten die Runde macht, ergießt sich in den sozialen Netzwerken eine Welle massiver Kritik über Trump. Die Formulierungen, der Präsident sei ein „furchtbar kleiner, armseliger Mann“ und könne seinen „krankhaften Narzissmus nicht einmal im Moment des Todes einer strahlenden Ikone mäßigen“, zählen noch zu den harmlosesten. Zumal selbst Trumps Tochter Ivanka würdigere Worte für McCain gefunden hat, der zu den letzten Urgesteinen in Washington zählte.

Den Vater ficht das nicht an. Auch am Montag verzichtete Trump auf eine offizielle Erklärung zum Tode McCains. Die vorübergehend auf halbmast gesetzte US-Flagge auf dem Dach des Weißen Hauses wurde wieder in Normalposition gebracht. „Ein Akt, der Trump noch tiefer sinken lässt“, sagte der Publizist Ryan Lizza. Selbst in Trumps treuem TV-Haussender Fox News verdrehten Moderatoren die Augen.

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