Russland-Affäre Trump nach Mueller-Bericht in Siegesstimmung

Washington · Der US-Präsident sieht sich in der Russland-Affäre vollständig entlastet, feiert sich als Triumphator und bläst zur Offensive gegen die Opposition. Die Demokraten üben harsche Kritik an der vierseitigen Zusammenfassung von Justizminister Barr.

 Donald Trump.

Donald Trump.

Foto: AP

Donald Trump ließ keine Gelegenheit aus, um die Welt wissen zu lassen, was für einen glänzenden Sieg er seiner Meinung nach gerade errungen hatte. Bereits am Sonntagabend, noch vor dem Rückflug nach Washington, hatte er sich auf dem Rollfeld in Palm Beach vor die Reporter gestellt, um ihnen mit ausgebreiteten Armen zuzurufen, was er vom Bericht Robert Muellers hält. Da feierte er sich schon als großen Triumphator und blies zugleich zur Offensive gegen die Opposition. „Es ist eine Schande, dass unser Land das durchmachen musste. Um ehrlich zu sein, ist es eine Schande, dass Ihr Präsident das durchmachen musste“, wetterte er und sprach vom illegalen, nunmehr gescheiterten Versuch einer Entmachtung.

Tags darauf war es als Erste seine Sprecherin Sarah Sanders, die Muellers teilweise entlastendes Fazit ummünzte in verbale Attacken. Die Demokraten und die „liberalen Medien“, forderte sie im Frühstücksfernsehen des Senders NBC, schuldeten Trump eine Entschuldigung. Sie hätten ihn als Agenten einer ausländischen Macht bezeichnet, was bekanntlich Hochverrat sei und in den USA die Todesstrafe zur Folge haben könne.

„Sie haben zwei Jahre vergeudet und Chaos gestiftet.“ Donald Trump junior, der älteste Sohn des Präsidenten, unterstellte den schärfsten Kritikern seines Vaters sogar, im Kongress eine „Verschwörungsfraktion“ gebildet zu haben. Manche Abgeordnete hätten dem amerikanischen Volk wider besseren Wissens eingeredet, das Wahlkampfteam seines Vaters habe geheime Absprachen mit Russland getroffen, schrieb er bei Twitter. „Sie haben ihre Ämter mit Schande befleckt und sollten zurücktreten.“

Demokraten nehmen Barr ins Visier

Der Tonfall selbstgerechter Empörung, er dürfte die Rhetorik des Trump-Lagers noch lange bestimmen, womöglich bis zum Finale des Wahlkampfes 2020. Der politische Gegner, suggerieren die Anhänger des Präsidenten, habe mit dem Kapitel Mueller jegliche Glaubwürdigkeit verloren. Was immer er fortan vorzubringen habe, geht es weiter in dieser Logik, sollten sich wachsame Wähler nur mit allergrößter Skepsis anhören. Ausnahmslos alle demokratischen Bewerber für 2020, spitzte Trump es am Montag zu, hätten im Zuge ihrer „Hexenjagd“ Millionen an Spenden gesammelt.

Die Demokraten dagegen nehmen William Barr ins Visier, den Justizminister, der auf vier Seiten zusammenfasste, was Muellers 19 Juristen, unterstützt von 40 Detektiven, in 22 Monaten akribischer Kleinarbeit zusammentrugen. Barrs Brief werfe mehr Fragen auf, als er beantworte, erklärten Nancy Pelosi und Chuck Schumer, die führenden Köpfe der Partei im Parlament, in einem gemeinsamen Statement. „Er ist kein neutraler Beobachter, er ist nicht in der Lage, den Bericht objektiv zu bewerten.“ Jerrold Nadler, der Vorsitzende des Justizausschusses des Repräsentantenhauses, kündigte bereits an, den Minister vorzuladen, um Detail für Detail herauszufinden, wie er zu seinen Schlüssen gelangte.

Notfalls werde man bis vors Oberste Gericht ziehen, um die Freigabe des kompletten Papiers zu erzwingen. Bevor er seinen Posten antrat, hatte Barr, ein Veteran, der bereits unter George Bush senior das Justizressort leitete, öffentlich Zweifel an Muellers Recherchen geäußert. Auch das wollen die Demokraten noch einmal zum Thema machen. Die politische Schlacht um den Mueller-Report, scheint es, hat gerade erst begonnen.

Mueller-Bericht: Keine Abstimmung

Barr hatte die Legislative am Sonntag in einem Vier-Seiten- Brief über die „wichtigsten Schlussfolgerungen“ des Sonderstaatsanwalts unterrichtet. In den Augen der Anhänger Trumps ist der Schlüsselsatz ein direktes Zitat aus Muellers Bericht: Die Ermittlung habe nicht ergeben, „dass sich Mitglieder der Trump-Kampagne mit der russischen Regierung bei deren Aktivitäten zur Beeinflussung der Wahl verschworen oder abgesprochen haben“.

Eine solche Abstimmung, fügte Barr in einem Nebensatz hinzu, sei nicht erfolgt, obwohl es mehrere Angebote von „mit Russland verbundenen Personen“ gegeben habe, den Wahlkampf Trumps zu unterstützen. Zum einen habe die Mannschaft des Kandidaten nicht mit der Internet Research Agency zusammengearbeitet, einer Trollfabrik in St. Petersburg, die Falschinformationen verbreitete, um in Amerika sozialen Unfrieden zu stiften. Zum anderen auch nicht mit Hackern, welche die Computer im Hauptquartier der Demokraten attackierten und interne E-Mails stahlen, um sie Wikileaks zuzuspielen.

Keine Empfehlung ausgesprochen

Nach den Worten Barrs beschäftigte sich Mueller zudem mit Handlungen des Präsidenten, die Sorgen wegen möglicher Behinderung der Justiz genährt hätten. Gemeint ist wohl in erster Linie die Entlassung des FBI-Direktors James Comey, der nach seinem Rauswurf im Mai 2017 im Kongress aussagte, Trump habe ihn aufgefordert, Nachforschungen gegen den ehemaligen Nationalen Sicherheitsberater Michael Flynn einzustellen. Flynn musste seinen Hut nehmen, weil er über Gespräche mit dem russischen Botschafter in Washington gelogen hatte.

Laut Barr hat sich Mueller dagegen entschieden, die Entscheidungen des Präsidenten nach den üblichen Kriterien für die Strafbarkeit von Justizbehinderung zu beurteilen. Im Klartext: Er sprach keine Empfehlung aus. Das dürfte nicht zuletzt daran gelegen haben, dass es schwierig ist, jene Kriterien auf den Chef der Exekutive anzuwenden, dessen Befugnisse weiter reichen als die jedes anderen Bürgers, eingeschlossen die Tatsache, dass er dem Direktor des FBI den Stuhl vor die Tür setzen kann.

Mit Verweis auf diffizile Rechtsfragen, so Barr, habe sich der Sonderermittler damit begnügt, sowohl entlastende als auch belastende Punkte aufzulisten. Dann zitiert er Mueller: „Während dieser Bericht nicht feststellt, dass der Präsident eine Straftat begangen hat, entlastet er ihn auch nicht“. Mit seinem Stellvertreter Rod Rosenstein sei er sich einig, ergänzt Barr, dass die von Mueller gesammelten Beweise für eine Anklage nicht ausreichten. Um eine Person wegen Justizbehinderung anzuklagen, müsse der Staat zweifelsfrei beweisen, dass diese in korrupter Absicht gehandelt habe. Das sei bei Trump nicht der Fall gewesen.

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