Türkei-Syrien-Krise Türkei verstärkt Truppen an syrischer Grenze

DAMASKUS · Nach der Androhung von Präventivschlägen gegen Syrien hat die türkische Armee damit begonnen, ihre Präsenz an der Grenze zum südlichen Nachbarn zu verstärken.

 Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hat Syrien zum Feind der Türkei erklärt.

Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hat Syrien zum Feind der Türkei erklärt.

Foto: ap

Wie die türkische Presse am Mittwoch meldete, wurden nach der Rede von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan, in der er Syrien zum Feind der Türkei erklärte, zusätzliche Panzereinheiten ins Grenzgebiet verlegt. Allzu forsch dürfte die türkische Regierung laut Meinungsforschern aber nicht vorgehen: Die türkischen Wähler erwarten demnach von Ankara zwar eine Reaktion auf den Abschuss des Militärflugzeugs durch Syrien, verspüren aber keine große Lust auf militärische Auseinandersetzungen.

Deshalb rückt die von Erdogan versprochene stärkere Unterstützung für die syrische Opposition immer mehr in den Vordergrund.

Die neuen Einsatzregeln der türkischen Armee an der Grenze zu Syrien könnten schon beim nächsten Zwischenfall eine bewaffnete Konfrontation zwischen den beiden Nachbarstaaten auslösen.

Im April etwa hatten syrische Soldaten über die Grenze auf türkisches Gebiet geschossen. Damals erwiderten die türkischen Grenzsoldaten das Feuer nicht - bei einem ähnlich Fall würde das jetzt anders sein.

Bei ihrer Demonstration der Entschlossenheit nach dem Abschuss des Militärjets am vergangenen Freitag kann die Regierung zwar prinzipiell auf die Unterstützung durch die Oppositionsparteien, einen Großteil der Medien und eine Mehrheit der Wähler rechnen.

Aber einen Krieg mit Syrien werde in der Wählerschaft nicht befürwortet, sagte der Meinungsforscher Ibrahim Uslu der Zeitung "Aksam". Mit seinen 20 Millionen Menschen werde Syrien von den meisten Bürgern des 75-Millionen-Landes Türkei einfach nicht als Bedrohung gesehen. Überstürzte Aktionen würden deshalb abgelehnt.

Erdogan muss bei seinem erklärten Ziel einer Entmachtung des syrischen Präsidenten Baschar al Assad also vorsichtig vorgehen. Deshalb hoben türkische Kommentatoren die Aussage des Ministerpräsidenten hervor, wonach die Türkei die Opposition gegen Assad "auf jede Art und Weise" unterstütze.

Vize-Außenminister Naci Koru dementierte am Mittwoch erneut Berichte über Waffenlieferungen aus der Türkei an die syrische Opposition. Doch so ganz glaubt kein Beobachter in Ankara diesen Dementis.

Die israelische Internetseite Debkafile berichtete, Soldaten britischer Spezialeinheiten seien am Dienstag - dem Tag von Erdogans Rede - über die Türkei nach Syrien eingedrungen, um dort die Errichtung einer Pufferzone vorzubereiten.

Auch Erdogans gleichzeitig ausgesprochene Drohung, wonach ab sofort alle syrischen Einheiten in Grenznähe den Beschuss durch türkische Truppen riskieren, war von syrischen Oppositionellen als Zeichen für die Entstehung einer solchen sicheren Zone interpretiert worden.

Überhaupt häufen sich Anzeichen für einem ernsthaften Kontrollverlust der syrischen Regierung in einigen Landesteilen. Der ehemalige syrische Oppositionschef Burhan Ghaliun erklärte, er sei am Dienstag einige Stunden lang vom Libanon aus unbehelligt durch den Westen Syriens gereist und anschließend in die Türkei zurückgekehrt.

Das Assad-Regime sei "sehr schwach", in einigen Gebieten werde der Alltag inzwischen von den Bewohnern selbst organisiert und nicht mehr von den Behörden, sagte Ghaliun. Seine Eindrücke fasste er in dem Satz zusammen: "Wir haben die Geburt eines neuen Syriens gesehen."

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