Datenschutzbeauftragter stellt Bericht vor Ulrich Kelber warnt vor Sammeleifer von Behörden

Berlin · Der Datenschutzbeauftragte Ulrich Kelber warnt vor überzogenem Sammeleifer von Behörden sowie vor allzu sorglosem Umgang mit Daten beim Einkauf im Internet. Zudem äußerte er sich kritisch zur Gesichtserkennung.

 „Diesen atemlosen Wettbewerb um immer neue Gesetze sehen wir kritisch“, sagt Ulrich Kelber.

„Diesen atemlosen Wettbewerb um immer neue Gesetze sehen wir kritisch“, sagt Ulrich Kelber.

Foto: dpa

Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Ulrich Kelber, hat vor überzogenem Daten-Sammeleifer von Behörden und vor einem Wettlauf um neue Sicherheitsgesetze in Deutschland gewarnt. Kelber sprach sich am Mittwoch in Berlin bei der Vorlage des Tätigkeitsberichts seiner Behörde für 2017 und 2018 für ein Moratorium bei den Sicherheitsgesetzen aus.

„Wir brauchen dringend eine Sicherheitsgesetz-Pause in Deutschland“, so der ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete, der seit Beginn dieses Jahres Bundesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit ist. Kelber plädierte dafür, dass Sicherheitsbehörden erst einmal bestehende Gesetze „voll ausschöpfen“ sollten, bevor weitere Möglichkeit zum Eingriff in Grundrechte geschaffen würden. „Diesen atemlosen Wettlauf um immer neue Gesetze sehen wir kritisch“, so der Datenschutzbeauftragte der Bundesregierung.

Kelber, selbst Informatiker, äußerte sich kritisch zur flächendeckenden Videoüberwachung öffentlicher Plätze durch biometrische Gesichtserkennung, wie sie in Berlin am Bahnhof Südkreuz erprobt worden war. Das Verfahren berge eine zu hohe Fehlerquote und mache zu viele Menschen zum Gegenstand von Ermittlungen der Polizei. Zu oft würden Personen fehlerhaft identifiziert, weil die durch biometrische Gesichtserkennung identifizierte Person auf dem Video beim Abgleich mit der Datenbank falsch zugeordnet werde.

Zahl der Beschwerden gestiegen

So sei bei älteren Männern nordeuropäischen Aussehens die Fehlerquote der biometrischen Videoüberwachung geringer als bei jüngeren Männern mit arabischem Aussehen, erklärte Kelber. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hatte im vergangenen Sommer bei Abschluss des Pilotprojektes am Berliner Südkreuz den Einsatz von Software zur Gesichtserkennung positiv bewertet.

Kelber verwies in dem Tätigkeitsbericht für den Zeitraum 2017/2018, in dem noch Vorgängerin Andrea Voßhoff Bundesdatenschutzbeauftragte war, auf die deutlich gestiegene Zahl der Beschwerden. Demnach haben den Bundesdatenschutzbeauftragten seit Mai vergangenen Jahres 6507 allgemeine Anfragen und 3108 Beschwerden erreicht. Innerhalb von gut sieben Monaten seien dies mehr als doppelt so viele wie im gesamten Jahr 2017. Unter anderem hätten sich Bürger beschwert, weil sie keine Auskunft über gespeicherte Daten erhalten hätten.

Kelber warnt vor sorglosem Umgang

Kelber warnte auch vor allzu sorglosem Umgang mit Daten beim Einkauf im Internet. Er plädierte dafür, dass Verbraucher ein höheres Bewusstsein für einen möglichen Missbrauch entwickeln und Unternehmen, die Daten nur unzureichend schützten, öffentlich nennen sollten. Dies würde den Druck auf solche Unternehmen erhöhen. Kelber kritisierte unter anderem das soziale Netzwerk Facebook, das in seiner heutigen Form nicht datenschutzkonform arbeite. Der SPD-Politiker erklärte, er habe vor Antritt im Amt des Bundesdatenschutzbeauftragten seine Präsenz bei Facebook beendet.

Eine positive Bilanz zog Kelber zur Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), die sich mittlerweile weltweit zu einem Standard entwickelt habe, an dem sich auch Staaten aus Nord- und Südamerika oder Asien orientierten. Die vielfach befürchtete Welle von Abmahnung wegen Datenschutzverstößen als Folge der Einführung der DSGVO sei ausgeblieben. Auch nach Einführung der neuen Grundverordnung dürften „natürlich weiterhin Fotografien angefertigt und unter den gleichen Bedingungen wie zuvor veröffentlicht werden. Und selbstverständlich dürfen auch weiterhin Namen an den Klingelschildern von Mehrfamilienhäusern stehen“, so Kelber.

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