Diesel-Skandal Umweltministerin hält Fahrverbote für nicht ausgeschlossen

Berlin · Allerdings hätten es die Hersteller selbst in der Hand, dies zu vermeiden und verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen. Software-Updates alleine würden dazu nicht ausreichen.

Diesel-Gipfel eins ist vorbei. Diesel-Gipfel zwei ist für den Herbst angesetzt. Dazwischen will sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am 4. September noch mit Vertretern jener Städte treffen, die sich durch die den Stickoxidausstoß durch Dieselfahrzeuge besonders belastet sehen. Aber jetzt gibt es erst einmal ein großes Ministerinnen-Ehrenwort: „Ich will weiter alles tun, um Fahrverbote zu verhindern“, sagt Bundesumweltministerin Barbara Hendricks am Mittwoch in Berlin. Neben der SPD-Politikerin vom Niederrhein steht die Präsidentin des Bundesumweltamtes (UBA), Maria Krautzberger, deren Behörde im Auftrag von Hendricks Modellrechnungen vorgelegt hat, was die beim Diesel-Gipfel am 2. August beschlossenen Sofortmaßnahmen bringen. Die Antwort überrascht nicht: zu wenig.

Hendricks verbindet ihre Ankündigung, Fahrverbote für Diesel in deutschen Innenstädten tunlichst zu vermeiden, aber auch mit einem Appell an die Autobosse. Ein bisschen Drohkulisse muss sein. Fahrverbote seien nicht völlig auszuschließen, denn nach den Ergebnissen der vom UBA vorgelegten Modellrechnungen wird sich die Luft in den meisten Städten trotz Software-Update kaum bessern. UBA-Präsidentin Krautzberger: „Für fast 70 deutsche Städte reichen die Maßnahmen voraussichtlich nicht aus, um die Atemluft unter den Grenzwert von maximal 40 Mikrogramm Stickstoffoxid im Jahresmittel zu senken.“ Nur in rund 20 Städten, die derzeit knapp über dem Grenzwert lägen, würden die Beschlüsse des Diesel-Gipfels dazu führen, dass die seit 2010 geltenden EU-Grenzwerte auch eingehalten würden. In Stuttgart, wo die Deutsche Umwelthilfe (DUH) auf Maßnahmen zur Einhaltung des Grenzwertes geklagt hatte, lag der Stickoxidwert 2016 im Jahresmittel bei 82 Mikrogramm. In Düsseldorf wurde laut UBA im vergangenen Jahr ein Stickoxid-Mittelwert von 58 Mikrogramm gemessen, in Mainz lag er bei 53 Mikrogramm, in Bonn wie auch in Aachen bei 49 Mikrogramm, und in Köln erreichte die Stickoxidbelastung im vergangenen Jahr einen Mittelwert von 63 Mikrogramm.

Hendricks betonte, nach den vom UBA vorgelegten Messungen seien Fahrverbote in der Zukunft nicht auszuschließen. Allerdings hätten es die Hersteller selbst in der Hand, dies zu vermeiden und verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen. Software-Updates alleine würden dazu nicht ausreichen, sondern es müsse auch die Hardware nachgerüstet werden, beispielsweise durch ausreichend große Tanks mit der Harnstofflösung „Ad Blue“ zur Abgasreinigung. Die SPD-Politikerin riet Kunden, die weiter Diesel fahren wollten, zu warten, bis neueste Dieselmodelle auf dem Markt sind. „Wenn Bürger ganz sicher sein wollen, müsste man einen Diesel der Euronorm 6d kaufen“, so Hendricks. Modelle mit dem Abgasgrenzwert 6d müssen strengere Tests bestehen – sind bislang aber noch nicht auf dem Markt.

Der Zentralverband des Deutschen Handwerks beklagt wegen der drohenden Diesel-Fahrverbote eine große Verunsicherung. „Die Betriebe wissen nicht, wie sie in Zukunft ihre Kunden bedienen sollen, wenn sie nicht mehr zum Kunden fahren können“, sagte ZDH-Generalsekretär Holger Schwannecke dieser Zeitung. „Wenn es tatsächlich zu Fahrverboten kommt, brauchen wir Ausnahmen für unsere Handwerksbetriebe.“ Hendricks sagte, sie könne sich solche Ausnahmen vorstellen, die es auch schon heute in Umweltzonen für Handwerker gebe.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort