UN-Chef Ban will sich in Israel für Waffenruhe einsetzen

Gaza/Tel Aviv · Kurz nach dem Beginn der israelischen Bodenoffensive schaltet sich UN-Generalsekretär Ban Ki Moon stärker in den Gaza-Konflikt ein.

 Nach dem Scheitern von Waffenruhebemühungen bringt Israel eine Bodenoffensive im Gazastreifen ins Rollen. Foto: STR

Nach dem Scheitern von Waffenruhebemühungen bringt Israel eine Bodenoffensive im Gazastreifen ins Rollen. Foto: STR

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Ban werde am Samstag nach Nahost reisen und sich für eine Waffenruhe zwischen Israelis und Palästinensern einsetzen, sagte der stellvertretende UN-Generalsekretär Jeffrey Feltman am Freitag bei einer kurzfristig einberufenen Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats in New York. Nähere Details nannte er zunächst nicht. Der EU-Ministerrat rief beide Seiten auf, umgehend einem Waffenstillstand zuzustimmen.

Die israelische Armee rückte am Freitag weiter im palästinensischen Gazastreifen vor. Sie zerstörte nach eigenen Angaben mindestens 13 Tunnel, die die militant-islamische Hamas angelegt hatte, um Israel anzugreifen oder Waffen zu schmuggeln. Die Offensive hatte in der Nacht zuvor begonnen.

Mit dem ersten massiven Vorstoß in das Palästinensergebiet seit 2009 will Israel die militärische Infrastruktur der Hamas und verbündeter Gruppen zerschlagen. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu kündigte an, dass die Operationen sogar noch ausgeweitet werden könnten. Ein Hamas-Sprecher sagte, der Gazastreifen werde sich in einen "Friedhof für israelische Soldaten" verwandeln, sollten die Truppen weiter ins Innere des Küstenstreifens vordringen.

Nach Angaben palästinensischer Rettungsdienste vom Freitagabend kamen seit Beginn der Bodenoffensive mindestens 30 Menschen uns Leben. Insgesamt wurden demnach seit dem 8. Juli, dem Start einer Welle von Luftangriffen, 271 Palästinenser getötet und mehr als 2000 weitere verletzt. Mindestens die Hälfte der Opfer seien Zivilisten gewesen. Die israelische Armee tötete nach eigenen Angaben bei ihrer Bodenoffensive 19 Militante und nahm 13 weitere gefangen. Auf israelischer Seite starben bislang ein Zivilist und ein Soldat.

Der Einsatz der Bodentruppen, den Luftwaffe und Marine unterstützten, weckte international Sorgen, dass es in dem dicht besiedelten Küstenstreifen am Mittelmeer noch mehr zivile Opfer geben wird. Die Offensive begann nach tagelangem Beschuss und einer vereitelten Kommandoaktion militanter Palästinenser, die offenbar einen Anschlag in Israel verüben wollten.

Obwohl massiv unter Druck, setzte die Hamas ihre Raketenangriffe auf Israel fort. Am frühen Abend heulten erneut die Sirenen in der Metropole Tel Aviv. Geschossteile fielen in der Nähe einer Synagoge und eines Kindergartens zu Boden. Verletzt wurde dabei aber niemand. Die meisten Raketen fangen israelische Abwehrsysteme ab.

Vorerst will das Militär offenbar eine Art Pufferzone am Rand des Gazastreifens schaffen, um den Mörserbeschuss israelischer Orte künftig zu verhindern. Auch sollen jene Tunnel zerstört werden, die die Hamas unter der Grenze angelegt hat, um Angriffe und Entführungsaktionen auf grenznahe israelische Ortschaften zu starten.

Papst Franziskus rief Israels Staatschef Schimon Peres und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas an und äußerte "seine sehr ernste Sorge" über die Eskalation des Nahost-Konflikts. Auch US-Präsident Barack Obama zeigte sich tief besorgt über die Gefahr einer weiteren Eskalation der Gewalt. Washington hoffe, dass Israel Zivilisten schone. Erneut plädierte Obama für eine Feuerpause. Zugleich stellte sich der US-Präsident demonstrativ hinter die Regierung in Jerusalem. In einem Telefonat mit Netanjahu habe er seine "Unterstützung für Israels Recht, sich selbst zu verteidigen", betont, sagte Obama. Keine Nation müsse es hinnehmen, dass sie mit Raketen beschossen werde und Terroristen unter ihrem Territorium Tunnel bauten.

Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) betonte, Israel habe ein Recht auf Selbstverteidigung. Deutschland stehe in dieser Frage an der Seite Israels. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) verlangte neue Bemühungen für eine Einstellung der Kämpfe. "Das Engagement der arabischen Nachbarstaaten für eine Waffenruhe muss weitergehen", sagte Steinmeier bei einem Besuch in Mexiko.

Die Türkei beantragte ein Dringlichkeitstreffen des UN-Menschenrechtsrats und der Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC), wie Außenminister Ahmet Davutoglu ankündigte. "Wir verurteilen die von Israel nach den inhumanen Morden durch Luftangriffe begonnene Bodenoperation in Gaza auf das Schärfste."

Israel zieht nach gewalttätigen Protesten vor seinen Vertretungen in Ankara und Istanbul einen Teil seiner Diplomaten aus der Türkei ab. Das Verhältnis zwischen beiden Staaten ist seit Jahren angespannt. Der Iran verurteilte das Vorgehen seines Erzfeindes Israel scharf. "Das ist ein neues Kapitel der unmenschlichen Verbrechen des zionistischen Regimes (Israel)", sagte Außenamtssprecherin Marsieh Afcham. Die Bodenoffensive grenze an ein Kriegsverbrechen.

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