Syrien UN sehen Beweis für Einsatz von Chemiewaffen

Genf · Lange hegten die Ermittler der UN nur einen schweren Verdacht. Jetzt sind sie sich so gut wie sicher: Konfliktparteien in Syriens Bürgerkrieg haben die weltweit geächteten Chemiewaffen mindestens viermal eingesetzt.

Am Dienstag erklärte der Vorsitzende der UN-Untersuchungskommission zu Syrien, Paulo Sérgio Pinheiro, in Genf: Sein Team verfüge über hinreichende Anhaltspunkte, die auf einen Gebrauch der mörderischen Substanzen schließen lassen. Pinheiro legte dem Menschenrechtsrat einen neuen Bericht über die Gewalt in Syrien vor.

Danach schlittert das Land immer tiefer in die Barbarei. "Der Konflikt hat neue Stadien der Brutalität erreicht", warnte der brasilianische Jurist. Allein vom 15. Januar bis zum 15. Mai zählten die Ermittler 17 potenzielle Massaker.

Mehrheitlich mordeten Regierungstruppen, die Opfer waren zumeist wehrlose Zivilisten. Angriffe mit chemischen Kampfstoffen ereigneten sich laut den Ermittlern in vier Ortschaften zwischen dem 19. März und dem 29. April. Die Mehrzahl der Attacken mit "begrenzten Mengen" an toxischen Stoffen geht nach den Erkenntnissen auf das Konto der Regierungstruppen. Kommissionschef Pinheiro betonte jedoch: Es liegen auch Beschuldigungen gegen Rebellen vor.

Die USA, Großbritannien und Frankreich hatten das Assad-Regime vor dem Einsatz von Chemiewaffen gewarnt. Der Gebrauch der Giftsubstanzen könne ein militärisches Eingreifen nach sich ziehen, drohten die westlichen Mächte. Die französische Regierung sieht in mindestens einem Fall den Einsatz des Giftgases Sarin durch die Staatsführung in Syrien als erwiesen an.

Es gebe "keinen Zweifel", dass Sarin in einem Fall durch "das Regime und seine Komplizen" eingesetzt wurde, sagte Außenminister Laurent Fabius am Dienstagabend. Pinheiro räumte ein, dass er die verwendeten Kampfstoffe nicht benennen könne. Zudem sei es noch unmöglich, die Täter zu identifizieren.

Man müsse vor Ort ermitteln. Das Assad-Regime verweigert aber dem Pinheiro-Team die Einreise. Zudem dürfen weitere UN-Experten, die Chemiewaffeneinsätze untersuchen sollen, nicht ins Land. Die Pinheiro-Kommission stützt ihren jüngsten Syrien-Bericht vor allem auf 430 Interviews. Befragt wurden unter anderem Flüchtlinge und medizinisches Personal.

UN-Kommissionschef Pinheiro verlangte vermehrte "diplomatische Anstrengungen", um das Blutvergießen zu stoppen. Eine Chance dazu bietet die geplante Syrienkonferenz in Genf. Nur: Wann die Syrien-Konferenz stattfinden soll steht noch nicht fest.

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