TV-Debatte in den USA Unentschieden setzt Obama unter Druck

WASHINGTON · Nach dem Unentschieden im hitzigen "Stellvertreter-Krieg" um die US-Präsidentschaft blickt Amerika mit Spannung auf den nächsten Dienstag. Im zweiten Fernseh-Duell, zu dem mehr als 70 Millionen Zuschauer erwartet werden, steht Amtsinhaber Barack Obama dann gegen den in Umfragen aufholenden Herausforderer Mitt Romney unter dem Zwang, seine allgemein als zögerlich und farblos empfundene Vorstellung bei der Premiere vor zehn Tagen vergessen zu machen.

 TV-Duell: Vizepräsident Joe Biden (links) , der republikanische Vizekandidat Paul Ryan und ABC-Moderatorin Martha Raddatz.

TV-Duell: Vizepräsident Joe Biden (links) , der republikanische Vizekandidat Paul Ryan und ABC-Moderatorin Martha Raddatz.

Foto: dpa

Obamas Vize, Joe Biden, ging beim TV-Armdrücken mit dem Kongressabgeordneten Paul Ryan, der Romneys Vize-Präsident werden will, nach Ansicht vieler Kommentatoren am Donnerstagabend mit "gutem Beispiel und einigem Risiko voran". Der 69-Jährige nahm seinen fast 30 Jahre jüngeren Gegenspieler in der 90-minütigen Debatte unter Dauerfeuer.

Von Beginn an fiel er dem für drastische Spar-Pläne im Finanz- und Sozialbereich bekannten Katholiken aus Wisconsin immer wieder beleidigend ins Wort ("totaler Schwachsinn"), verdrehte die Augen und versuchte seinen Gesprächspartner herablassend in Grund und Boden zu lächeln.

Ryan, zum ersten Mal in seinem Leben vor einem Millionen-Publikum im Rede-Duell, ertrug das alt-väterliche Bombardement Bidens gelassen, ließ sich nicht zu Ausrastern hinreißen und hielt in der Sache im Sinne der Nr.1, Mitt Romney, unaufgeregt Posten. Blitzumfragen ergaben nach Abschluss der von der ABC-Reporterin Martha Raddatz kundig und straff geführten Debatte ein Unentschieden.

Bei CNN machte für 48 Prozent der Befragten Ryan das Rennen, CBS meldete einen 51-Prozent-Sieg für Biden. Anders als Obama, der einräumte, am 3. Oktober "keinen guten Tag" gehabt zu haben, führte Biden Mitt Romney wie dessen Sozius öffentlich wegen einer delikaten Äußerung zur angeblichen Mentalität der Amerikaner vor. Romney hatte in einem Video, von dem er sich inzwischen distanziert, gesagt, dass 47 Prozent seiner Landsleute "Nassauer" seien, die lieber auf Staatskosten lebten anstatt sich selbst zu helfen. Ryan wartete mit der Aussage auf, 30 Prozent der Amerikaner seien Sozial-Schmarotzer.

"Das sind Leute wie mein Vater oder meine Mutter", entrüstete sich Biden. Ryan konterte, dass die sozialen Sicherungssysteme finanziell vor dem Ruin stünden, wenn nicht beizeiten sozialverträglich gegengesteuert werde. Biden warf seinem Gegenüber stellvertretend vor, die Mittelschicht zugunsten der Reichen "in Geiselhaft" zu nehmen und eine Politik zu betreiben, die der wachsenden Chancenungleichheit im Land Vorschub leiste.

Bemerkenswert war, so die "New York Times", dass es wie schon zuvor Romney auch Ryan gelang, pauschal die Machbarkeit drastischer Steuersenkungen bei gleichzeitigem Staatsschuldenabbau und Mehrausgaben für das Militär zu behaupten -"ohne ein einziges Detail zu nennen". Aus Sicht von Analysten, die weder den Demokraten noch den Republikanern verpflichtet sind, ist es Biden "auf volksnahe Weise gelungen, Emotionen in das zu bringen, was Obama zuletzt so leblos präsentierte". Ryan habe dagegen für Romney "solide die Stellung gehalten".

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