Schärfere Umwelt-Vorgaben Unmut in Europas Autobranche

BRÜSSEL · Fahrzeughersteller müssen sich auf schärfere Umwelt-Vorgaben einstellen. Das hat auch finanzielle Folgen für die Verbraucher

 In Reih und Glied: Neuwagen könnten teurer werden, sofern die Hersteller mehr Geld in die Entwicklung stecken müssen.

In Reih und Glied: Neuwagen könnten teurer werden, sofern die Hersteller mehr Geld in die Entwicklung stecken müssen.

Foto: ap

Weniger ist mehr, findet die EU-Kommission. Autos sollen daher ab 2020 deutlich weniger Abgase in die Luft blasen als bisher. Die Autobauer, die kräftig Lobbyarbeit in Brüssel betreiben, sehen die geplanten CO2-Grenzwerte kritisch. Deutsche Hersteller, die vor allem größere Fahrzeuge bauen, hätten sich durchgesetzt, heißt es.

Was ist geplant?
Die EU verschärft die CO2-Grenzwerte weiter. Festgelegt ist bereits, dass Neuwagen in Europa bis 2015 im Schnitt 130 Gramm CO2 je Kilometer ausstoßen dürfen. Bis zum Jahr 2020 sollen es 95 Gramm sein - 27 Prozent weniger. Das entspricht nach Branchenangaben einem Spritverbrauch von fast vier Litern je 100 Kilometern. Die Autobauer haben laut ihrem europäischen Lobbyverband ACEA bereits einiges erreicht. Voriges Jahr betrug der durchschnittliche CO2-Ausstoß 136,6 Gramm je Kilometer - fast 27 Prozent weniger als 1995. In Deutschland neu zugelassene Autos stoßen mehr CO2 aus: im Schnitt rund 140 Gramm je Kilometer. Die Grenzwerte für 2020, die nun verbindlich werden sollen, seien nicht neu, betont EU-Klimakommissarin Hedegaard. Nun treffe jedoch Europas Wirtschaftskrise die Autobauer, der Auto-Absatz sinke. Deren Lobbyisten versuchten daher, die EU-Pläne zu verwässern.

Wie stark treffen die EU-Pläne deutsche Autobauer?
Sie müssen Sprit sparendere Autos und neue Techniken entwickeln, um die CO2-Grenzwerte zu erreichen. In Brüssel gilt aber als ausgemacht, dass deutsche Autobauer ihre Interessen gut vertreten haben - zum Ärger von Herstellern kleinerer Fahrzeuge. Nun sollen alle Hersteller bis 2020 den CO2-Ausstoß ihrer Fahrzeuge um den gleichen Prozentsatz - 27 Prozent - senken. Bisher berechnet die EU-Kommission anteilig, wie stark jeder Autobauer dazu beitragen muss, um die Grenzwerte zu erreichen. Diese bisherige Lastenverteilung kritisiert der deutsche Verband der Autoindustrie VDA. Sie verlange von den Herstellern größerer Autos eine "überproportionale Senkung" des CO2-Ausstoßes. EU-Klimakommissarin Hedegaard hält ihren geplanten Lastenverteilungs-Schwenk für gerechter. Ihr Beispiel: Zwei Menschen wollten abnehmen. Einer wiege 160 Kilogramm, der andere 90 Kilogramm. "Müssten sie die selbe Anzahl an Kilogramm verlieren, wäre das unfair", sagt Hedegaard. Fair sei aber, wenn die zwei jeweils 27 Prozent abspecken sollten.

Was bedeuten die schärferen Grenzwerte für Autofahrer?
Sie müssen weniger Geld für Sprit ausgeben, erklären EU-Experten. Während der Lebensdauer eines Autos von 13 Jahren spare ein Fahrer je nach Spritpreis 2904 bis 3836 Euro. Die Autos dürften zugleich teurer werden. Schließlich müssen die Hersteller Geld in die Erforschung verbrauchsärmerer Motoren und neuer Antriebstechniken stecken.

Was sagen Experten?
l Sie streichen die hohe weltweite Wettbewerbsfähigkeit und den guten Ruf deutscher Autobauer heraus. Doch durchaus unterschiedlicher Ansicht sind sie, wie viel die europaweiten CO2-Grenzwerte dazu beitragen, dass die Hersteller neue Spritspar-Techniken erforschen. "Der treibende Faktor ist der Kraftstoff-Preis", sagt der Chef des Instituts für Automobilwirtschaft (IfA), Willi Diez. Die deutschen Hersteller, die traditionell größere Autos und Oberklasse-Wagen bauten, hätten sich hier Vorteile erarbeitet. "In der Spritspar-Technik liegen die Deutschen weltweit an der Spitze", sagt der Professor.

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